Aus einem Totenhaus
Große Oper von Leoš Janáček in Bochum
Schützende
Grenzen
zwischen
Bühnenhandlung
und
Zuschauerraum
verschwimmen
hier
nicht
nur,
sie
sind
kaum
noch
sichtbar
und
werden
nach
ein
paar
Minuten
„Lagerleben“
nicht
mehr
wahrgenommen.
Wir
werden
Teil
der
Zwangsgemeinschaft
der
Hoffnungslosen
im
Lager
(obschon
es
für
uns
natürlich
Notausgänge
geben
würde.
Wie
schön,
dass
wir
nicht
in
Sibirien,
sondern
in
Bochum
weilen.).
Die
Oper
kommt
ohne
Protagonisten
aus,
es
handeln
ausschließlich
Männer
und
Liebe
ist
zwar
in
den
Gesprächen
immer
wieder
Thema,
aber
kein
gewichtiges
Handlungselement.
Es
gibt
keinen
klaren
Handlungsfaden,
sondern
nur
episodenhafte
Erzählungen,
die
Charaktere
durchlaufen
keine
Entwicklung;
es
ist
das,
was
Dostjewski
bereits
im
Titel
seines
Werkes mit dem korrekten Begriff beschrieb: Es ist ein Blick in ein Kellerloch.
Wir
hören
aus
unmittelbarer
Nähe,
wie
die
Gefangenen
von
ihren
Taten
berichten,
es
gibt
Kampfszenen,
bei
denen
nicht
nur
wir
die
Köpfe
einziehen.
Wir
Ruhrgesichter
wandeln
seit
unserer
Geburt
als
Klugscheißer
und
seit
mehr
als
einem
Jahrzehnt
als
Kritiker
über
diesen
Planeten,
aber
dieses
immersive
Erleben
einer Oper, das ist neu.
Diese
Inszenierung,
besticht
nicht
nur
durch
das
exzellente
Bühnenbild,
in
dem
sich
die
tapfersten
Zuschauer
von
den
Gefangenen
an
den
Rand
des
Lagerhofes
gedrängt
wiederfinden
(knapp
zwei
Stunden
stehend,
(fast)
keine
Sitzplätze.
Das
ist
für
das
Ruhrtriennale
Publikum
eine
zum
Stück
passende
Zumutung,
die
von
dem
ohnehin
stets
mutigen
und
experimentierfreudigen
Ruhrtriennale
Publikum
jedoch
gemeistert
wird)
oder
sich
eine
oder
zwei
Etagen
höher
auf
dem
Gefängnisumlauf wiederfinden.
Die
Latte
wird
durch
das
Setting
und
das
ausgewählte,
musikalisch
anspruchsvolle
Werk
so
hoch
gelegt,
dass
kein
Solist,
kein
Darsteller
inklusive
der
professionellen
Stunt-Crew
nur
Mittelmaß
sein
kann,
sein
darf.
Der
fabelhaft
gute
Chor
und
der
indirekte
Klang
der
Bochumer
Symphoniker
unter
der
Leitung
von
Dennis
Russell
Davies
bilden
mehr
als
nur
den
klanglichen
Sockel
für
die
Solisten.
Welch
eine
Abstimmung
und
Präzision
gerade
bei
dieser
Inszenierung
zwischen
Orchester,
Chor
und
Solisten
notwendig
ist,
die
sich
nicht
immer
sehen
(und
wenn,
dann
oft
nur
über
Monitore
im
Gefängnishof)
und
sich
nur
indirekt
mit
Schallverzögerung hören, ist für den Laien kaum zu ermessen.
Ob
bei
den
Massenszenen
mit
Jubelchören
oder
den
Massenschlägereien;
den
einsamen,
harten
Erzählungen
der
Solisten:
Es
ist
ein
für
das
Publikum
fundamentaler
Unterschied,
ob
in
zwanzig
Metern
Entfernung
auf
der
Bühne
gespielt
wird,
oder
der
Sänger
für
seine
persönliche,
intensive
Beichte
einen
guten
Meter
neben
dem
eigenen
Ohr
steht
und
im
nächsten
Moment
eine
zunehmend
aggressive
Stimmung
in
einem
Gewaltausbruch
mündet,
bei
dem
der
geneigte Kunstkenner bereits nach einem geeigneten Versteck Ausschau hält.
Wenn
man
der
Inszenierung
etwas
Kritik
entgegenflüstern
darf,
dann
vielleicht
diese:
Es
herrscht
ein
derart
spürbarer
atmosphärischer
Überdruck
in
den
ersten
zwei
Akten,
dass
die
Tristesse
der
Lebensbeichten
und
die
Feinheit
des
Orchesterspiels nicht immer den Raum bekommen, den sie verdient hätten.
Da
wir
jedoch
keine
Idee
haben,
wie
dies
besser
umzusetzen
gewesen
wäre,
ohne
dem
Gesamtwerk
an
harter,
brutaler
Intensität
zu
nehmen,
werten
wir
diesen
Mangel
als
Kollateralschaden
und
lassen
den
Besserwisser
in
uns
verstummen.
Der
Applaus
und
Jubel
am
Ende
des
Stücks
(der
Begriff
Standing
Ovations
erübrigt
sich,
da
ohnehin
jeder
steht)
ist
laut,
anhaltend
und
absolut
verdient;
allerdings
mischt
sich
in
die
Begeisterung
für
die
Inszenierung
sicherlich
auch
ein
persönliches
Aufatmen
und
die
Erleichterung,
diesem
„inspirierenden
Alptraum“
bald entkommen zu sein.
Fazit:
Das
war
neu
selbst
für
diejenigen,
die
eigentlich
schon
alles
gesehen
haben.
Es
war
musikalisch
erwartbar
groß
und
anspruchsvoll,
jedoch
unerwartet
grandios
umgesetzt,
so
dass
es
unmöglich
erscheint,
einzelne
Solisten
herauszuheben.
Opernsänger
wie
Johan
Reuter,
Stephan
Rügamer
und
Bekhzod
Davronov
sind
sicherlich
Stars
der
Oper,
was
in
Erinnerung
bleibt
und
weit
über
diesen
bemerkenswerten
Abend
nachwirken
wir,d
ist
jedoch
die
mit
einer
Traumbesetzung geschaffene Gesamtinszenierung: Chapeau.
Alle aktuellen Informationen zur Ruhrtriennale finden sich hier:
https://ruhrtriennale.de/
(c) Volker Beushausen
(c) Volker Beushausen
(c) Volker Beushausen