Das zerbrechliche Paradies
im Gasometer Oberhausen
Der
117.5
Meter
hohe
Gasometer
wäre
auch
ohne
Ausstellung
stets
einen
Besuch
wert:
1927
als
Scheibengasbehälter
gebaut
und
bis
1988
betrieben,
ist
er
heute
ein
sehenswerter
Industriegigant
mit
einem
umwerfenden
Rundumblick
von
der
Aussichtplattform
auf
dem
Dach.
Seit
1994
haben
viele
Millionen
Besucher
die
aufwändig inszenierten Ausstellungen im Inneren des Kolosses besucht.
Bei
der
aktuellen
Schau
werden
aktuelle
Satellitenbilder
auf
die
Erdskulptur
projiziert,
das
Earth
Observation
Center
des
Deutschen
Zentrums
für
Luft-
und
Raumfahrt
hat
die
Satellitendaten
gesammelt:
Von
Wolken,
Flugzeug-
und
Schiffsbewegungen,
Meeresoberflächen
und
Meerestiefen,
am
Tag
und
in
der
Nacht.
Nils
Sparwasser,
Projektleiter
beim
DLR,
erläutert
die
schiere
Menge
an
Daten:
„Kein
einzelner
Satellit
ist
in
der
Lage,
eine
solche
Sicht
zu
liefern,
wie
sie
im
Gasometer
zu
bestaunen
ist.
Allein
die
Möglichkeit,
Taifune
und
Hurrikans
rund
um
den
Globus
zu
verfolgen,
erfordert
die
Kombination
von
einem
Dutzend
verschiedener
Datensätzen.
Als
Quelle
nutzen
wir
Empfangsstationen
in
der
ganzen
Welt,
von
der
Arktis
bis
zur
Antarktis,
aber
natürlich
auch
in
Deutschland.“
All
diese
Messwerte
helfen,
das
komplexe
Ökosystem
unserer
Erde
zu
verstehen
–
wissenschaftlich,
aber
auch
emotional:
Vereint
in
einer
animierten
Projektion
entsteht
auf
der
20
Meter
großen
Erdkugel
ein
Gesamtkunstwerk
voll
bildgewaltiger
Anmut.
Unterlegt
ist
dieses
visuelle
Erlebnis
mit speziell für die Ausstellung verfasster Musik des Komponisten Rupert Huber.
Stickoxide,
die
Rodung
großer
Urwälder,
Ölverschmutzungen
im
Meer
oder
die
Visualisierung
des
Ozonlochs
–
die
zwanzig
beleuchteten
Globen
auf
der
mittleren
Etage
des
Gasometer
Oberhausen
zeigen
Ergebnisse
langfristiger
Analysen
der
Erdbeobachtung
durch
spezialisierte
Satelliten.
Anschaulich
und
zum
Anfassen
lädt
„Das
zerbrechliche
Paradies“
damit
nicht
nur
zur
ganz
persönlichen
Erkundung
unseres
Heimatplaneten
ein,
sondern
bietet
einen
völlig
neuen
Blick
auf
die
Erde:
Primär
geht
es
stets
um
negative
Einflüsse
des
Menschen.
Wem
der
Aufblick
auf
die
Fotos
und
der
Ausblick
auf
die
Erdkugel
nicht
reichen
oder
auch
zu
viel
werden,
der
kann
mithilfe
von
VR
Brillen
Einblick
in
die
Natur
nehmen
und
beispielsweise
aus
der
Sicht
eines
Frosches
einen
atemberaubenden
Ausflug
in
den Regenwald unternehmen.
Auf
drei
Etagen
präsentiert
„Das
zerbrechliche
Paradies“
die
unvergleichliche
Schönheit,
aber
auch
die
Fragilität
unserer
Welt.
„Das
zerbrechliche
Paradies“
nimmt
die
Besucher
mit
auf
eine
Reise
durch
die
bewegte
Klimageschichte
unserer
Erde
und
legt
den
Fokus
auf
Weltuntergangsszenarien
und
die
Klimakatastrophe,
Experten
sprechen
als
Hologramm
zu
uns,
eine
von
vier
als
Experten
vorgestellten
Personen
ist
Luisa
Neubauer,
die
wenig
überraschend
darauf
hinweist,
dass
„DIE
WISSENSCHAFT“
alle
Fakten
vorgelegt
habe
und
auch
die
Konzepte
zur
Rettung
der
Erde
seit
langem
existieren.
Ihr
Apell
an
die
Besucher
des
Gasometers:
Sorgt
für
politischen
Druck
von
der
Straße,
dann
ist
der rettende Systemwechsel möglich.
Dementsprechend
pustet
der
Wind
einer
raschen
Neuordnung
der
Welt
auf
drei
Etagen
viel
schlechtes
Gewissen,
Schuld
und
Scham
durch
den
Gasometer.
„Das
zerbrechliche
Paradies“
bietet
eine
Fülle
von
gut
aufbereiteten
Informationen
und
verharrt
nicht
in
der
Pose
des
erhobenen
Zeigefingers,
die
viel
zu
oft
maßlose
Ausbeutung
des
Planeten
ist
zweifellos
real
und
die
bildgewordenen
Mahnungen
im
Gasometer
wirken
emotional
auf
vielen
Ebenen:
Ein
riesiger
Tagebau
wird
vom
Betrachter
nun
einmal
als
tiefe
Wunde
der
Erde
wahrgenommen
und
ist
sicher nicht „schön“.
Ein
endloses
Feld
von
Sonnenkollektoren
oder
für
Windparks
gerodete
Wälder
würde
jedoch
auf
viele
Menschen
ähnlich
wirken,
diese
Bilder
fehlen
jedoch
in
der
Ausstellung
gänzlich.
Der
allgegenwärtige
Ruf
nach
einem
Systemwechsel
weg
von
Konsum
und
Individualismus,
sowie
der
Aufruf
zu
Verzicht,
findet
seinen
Antrieb
im
Versuch,
eine
Kollektivschuld
„wieder
gut
zu
machen“.
Wir
haben
bei
unserem
Besuch
keinen
Hinweis
darauf
gesehen,
welche
Rolle
das
massive
Bevölkerungswachstum
auf
diesem
Planeten
auf
den
Raubbau
hat
und
wo
diese
Bevölkerungsexplosion
primär
stattfindet.
Eine
Diskussion
unter
Besuchern
endete
mit
dem
Hinweis
einer
Dame,
dass
„wir“
auch
daran
schuld
seien,
immerhin
hätten
„wir“
die
Länder,
die
unter
massiver
Überbevölkerung
leiden,
durch
unseren
Kolonialismus
erst
so
arm
werden
lassen,
dass
Kinderreichtum
der
einzige
Ausweg
sei
und
nun
seien
„wir“
halt
auch
verpflichtet,
die
wachsende
Anzahl
an
Menschen
auf
dem
Planeten
gleichmäßig
zu
verteilen
und
Klimaflüchtlinge
aufzunehmen.
Ihre
engagierte
Begleiterin
ergänzte:
„Niemand
muss
mehr
nachdenken
oder
noch
lang
rumdiskutieren.
Die
Fakten
sind
bekannt.
Jetzt heißt es einfach: Machen.“
Dementsprechend
gab
es
zwar
viele
bedrückte
Gesichter
bei
den
Besuchern
der
imposanten
Ausstellung;
angesichts
der
vollen
Parkplätze
am
Gasometer
ist
eine
Anreise per Lastenrad bei den meisten Besuchern allerdings nicht zu vermuten.
Im
Gasometer
Shop
gab
es
neben
anderen
Souvenirs
natürlich
auch
den
Ausstellungskatalog
zu
kaufen;
es
war
für
die
Ausstellungsmacher
ein
Aushang
über
eine
ganze
DIN
A4
Seite
nötig,
um
sich
dafür
zu
rechtfertigen,
dass
der
Katalog
in
umweltschädlich
Folie
eingeschweißt
wurde.
Kurzzusammenfassung
des
Aushangs:
Ohne
Folie
sähen
die
Kataloge
nach
kurzer
Zeit
nicht
mehr
so
aus,
dass
sie
gekauft
werden
würden.
Bei
aller
Sympathie:
Das
ist
lächerlich,
aber
in
Teilen symptomatisch für das Debatten – Niveau.
Selbstverständlich
schädigt
jeder
Mensch
durch
reine
Existenz
seine
Umwelt
und
wer
darüber
hinaus
in
einer
westlichen
Industriegesellschaft
lebt,
der
kauft
auch
Waren in Verpackungen, die nach Nutzung nicht klimafreundlich verpuffen.
Oder
aus
einer
anderen,
aktivistischen
Perspektive:
Umweltschutz
also
nur,
wenn
dem
keine
ästhetischen
und/oder
kapitalistischen
Interessen
und
Sachargumente
entgegenstehen?
Ob
die
Betreiber
eines
Tagebaus
wohl
auch
nachvollziehbare
Gründe
für
ihren
Betrieb
finden?
Oder
ob
der
Ausstellungsbesucher
gute
Gründe
haben
mag,
nicht
auf
sein
Auto
zu
verzichten?
Wie
weit
soll
der
Verzicht
der
anderen
gehen,
wenn
die
Absender
der
„Rettet
den
Planeten“
–
Botschaft
schon
nicht
bereit
sind,
wellige
eselsbeohrte
Kataloge
zu
verkaufen
oder
besser
noch
ganz
auf
Papierkataloge
zu
verzichten?
Sollten
die
Besucher
nicht
besser
auf
die
Anfahrt
und
den
Besuch
als
Ausdruck
unverantwortlichen
egoistischen
Freizeitverhaltens verzichten?
Eines
ist
bei
aller
berechtigter
Kritik
sicher:
Als
Motor
für
eine
gesellschaftliche
Transformation
eignen
sich
Scham
&
Schuld
ganz
sicher;
ob
nun
aber
nicht
bessere
Technologie
und
ein
klarer
rechtsstaatlicher
Rahmen,
sondern
die
Abkehr
von
Industrie,
Individualismus
und
Kapitalismus
die
versprochene
Rettung
bereit
hält,
darf
jedoch
bezweifelt
werden;
dafür
haben
Länder
mit
kollektivistischeren
Gesellschaften
und
sozialistische
Modelle
auch
keine
ausreichend
erstrebenswerte Umweltbilanz vorzuweisen.
Fazit:
Die
Ausstellung
ist
toll
gemacht,
hochinformativ,
berührt
die
Besucher
und
entlässt
sie
mit
einem
unterstützenswerten
klaren
Apell:
Schützt
den
Planeten.
Ein
bisschen
mehr
exponat-gewordene
Debatte
und
weniger:
„DIE
Wissenschaft
hat
gesprochen:
Das
Ende
ist
nah.
Und
nun
gehet
hin
in
alle
Welt
und
verkündet
die apokalyptische Botschaft“ hätte der Ausstellung jedoch gut getan.
Dennoch:
Der
Besuch
ist
unbedingt
empfehlenswert.
Um
mit
ausreichend
Ruhe
die
phantastischen
Fotografien
und
interessanten
Exponate
studieren
zu
können,
sollte mit einem halben Tag ausreichend Zeit eingeplant werden.
Alle
aktuellen
Informationen
rund
um
den
Besuch
finden
sich
hier:
www.gasometer.de