Ein verregneter Freitagabend in einem kleinen Dorf inmitten der dichten, nebelverhangenen Wälder des Sauerlandes: Ich steuere meinen Skoda auf einen kleinen von Fackeln erhellten Waldparkplatz.
Dort erhalte ich meine Eintrittskarte zum Konzert von WE WILL KALEID und – eine Auflage des Bergamtes für alle Besucher des Bergwerkes „Schieferbau Nuttlar“ – einen Bergwerkshelm. Durch den Kaiser-Wilhelm-Stollen führt mich mein Weg tief in den Berg bis zur sogenannten „Halle der Wale“; dort rüsten sich bei 8°C weitere einhundert Behelmte mit heißem Punsch für das ausverkaufte Konzert unter Tage. Ich gestehe: Als bekennender Bergwerksfan, der den „Schieferbau Nuttlar“ schon länger auf der „Liste der unbedingt zu besuchenden Orte“ hat, ist das Konzert dieses mir bislang völlig unbekannten Duos ein willkommener Anlass, einen ersten Blick in das Bergwerk zu werfen und vielleicht den persönlichen musikalischen Horizont mal wieder etwas zu erweitern. Die Vorfreude auf musikalische Überraschungen wird jedoch schnell getrübt, als ich das Schlagzeug neben dem Keyboard erblicke. Oje, das könnte laut werden und die Stimmung des Bergwerkes gehörig zertrommeln… Wie sieht das eigentlich mit der Statik aus und wo genau ist eigentlich der Notausgang? Bei der Suche nach eben diesem :) strande ich jedoch an der Heißgetränkeausgabe, ergebe mich meinem Schicksal sowie dem Glühwein und lausche den ersten Klängen von WE WILL KALEID. Bereits nach den ersten Takten wird klar: Was vom Schlagzeug kommt ist wohldosiert, dezent, vielseitig, wunderschön, auf den Punkt und in den musikalischen Ausrufungszeichen angemessen druckvoll. Ganz stark, wie Lukas Streich seinen Beitrag zu der im positivsten aller Sinne sehr eigenen Klangwelt leistet und beeindruckend, wie sehr das Schlagzeug mit der Stimme von Jasmina de Boer und den sphärischen, ruhigen Sounds der eigenwilligen „Alternative–Pop“ Songs harmoniert. Meine Befürchtungen sind bereits nach wenigen Takten widerlegt. Der beeindruckende Gesang schwebt durch die Bergwerkshalle, sammelt sämtliche anwesende Ohren und Herzen ein und gibt sie nicht wieder her. Auch die Akustik der Halle ist richtig gut und nicht zu „verhallt“. Es ist zwar das erste, aber es wird sicher nicht das letzte Konzert sein, das an diesem Ort stattfindet. Lukas Streich und Jasmina de Boer, Studierende an der Musikhochschule Münster, haben nicht nur eine Vorstellung von funktionierenden Songs, sondern wissen auch, wie man diese umsetzt. Kurzum: WE WILL KALEID wissen, was sie tun. Manchmal fehlt es handwerklich guten Musikern an der Verrücktheit, an der besonderen Idee, dem kreativen Plan. Auf der anderen Seite lassen viele vor Ideen sprühende Kreative die Fähigkeit vermissen, ihre Vision adäquat umzusetzen. WE WILL KALEID schaffen es, spannende musikalische Ideen in Songs zu wickeln, die beim ersten Hören zünden und (vermutlich) auch auf Dauer Spaß machen können, ohne aufdringlich zu werden.Wie es sich bei einem Konzert kurz vor Halloween gehört, stören die Berggeister kurzfristig die empfindliche Technik, so dass die unerwartete Pause den Glühweinab- und umsatz in schwindelerregende Höhen treibt. Ich treibe mit. In Gesprächen mit anderen Besuchern wird deutlich: WE WILL KALEID begeistert, so dass die ersten Fragen aufkommen, wo denn eine CD zu erwerben sei. Leider existiert noch keine Silberscheibe, doch das Duo gelobt im zweiten Konzertteil Besserung und kündigt eine Veröffentlichung für 2017 an. Wir sind gespannt, zumal es den beiden zuzutrauen ist, dass auch die Songtexte überzeugen, die aktuell leider auch nicht auf der etwas schmalen Homepage zu finden sind, die auch sonst unsere berüchtigte Neugierde nicht befriedigen konnte, so dass wir beim Schlagzeuger Lukas Streich nachfragten:RG: Ihr habt Eure Konzertreihe mit Auftritten an ungewöhnlichen Orten nun abgeschlossen. Wie werdet Ihr das Konzert im Bergwerk in Erinnerung behalten? LS: Jeder Ort unserer Reihe hatte definitiv seine Besonderheiten. Das Bergwerk war aber wahrscheinlich der beeindruckendste Ort, an dem wir spielen durften. Das Gefühl tatsächlich in einem Berg zu stehen, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Es war eine Mischung aus Ehrfurcht und Begeisterung für die Natur. Um den Sound haben wir uns im Vorfeld viele Gedanken gemacht und hatten sogar Angst, dass er nicht zu kontrollieren wäre. Das Gegenteil war dann aber der Fall. Der Sound war bombastisch. Ganz besonders haben wir uns natürlich gefreut, dass wir diesen Ort und Sound mit über 100 Leuten teilen konnten. RG: Wie kam es zu der ausgefallenen Idee zu dieser kleinen Konzertreihe an ausgefallenen Orten?LS: Uns sind generell Konzepte sehr wichtig. Wir wollten unsern Zuschauern eine Erfahrung auf möglichst vielen Ebenen bieten. Dafür brauchen wir den größtmöglichen Einfluss auf Ort, Raum, Veranstaltungsgröße… Daraus entstand dann die Idee, unsere Musik an Orte zu bringen, an denen sonst keine Musik stattfindet. Besonders spannend war daran, dass jeder Ort seinen ganz eigenen Klang mit sich bringt. RG: Zwischenzeitlich musste das Konzert aufgrund verschiedener unerwünschter und vor allem ungespielter Sounds unterbrochen werden. Was war da los?LS: Wir glauben fest daran, dass sich ein Höhlengeist in unser Equipment verirrt hat. Vielleicht war es aber auch einfach nur zu kalt und feucht für unseren Laptop. Aber das halten wir für eher unwahrscheinlich. RG: „WE WILL KALEID“: Was hat es mit dem Bandnamen auf sich? LS: Der Blick durch ein Kaleidoskop zeigt einem eine sich ständig verändernde eigene Welt. Den selben Anspruch haben wir auch an uns als Künstler. Wir versuchen dem Zuhörer genau das auf musikalischer Ebene zu bieten. RG: Wie würdest Du die Musik beschreiben?LS: Wir haben uns mit der Band einen Raum geschaffen, in dem sowohl Pop als auch Experimentelles seinen Platz findet. Jeder Song hat dabei seinen eigenen Sound und seine eigene Geschichte, ist aber auch Teil des Ganzen. Auf die böse Genre-Frage haben wir bisher immer mit Alternativ Pop geantwortet. RG: Habt Ihr musikalische Vorbilder? LS: Auf jeden Fall. Jede Menge. Und sogar viele gemeinsame. Was uns besonders fasziniert sind Künstler mit einem eigenen Sound, die sich trauen etwas Neues zu machen. Wir sind beide schon immer große Radiohead-Fans. Aktuell verfolgen wir mit großer Neugier die Newcomerin Josin. Deshalb freuen wir uns ganz besonders, sie am 7.11. in Dortmund supporten zu dürfen. RG: Wann gibt es WE WILL KALEID auch zum Mitnehmen für Zuhause? LS: Im Moment arbeiten wir an unserm ersten Album, das im April 2017 erscheinen wird. Schlagzeug und die Tasteninstrumente sind bereits im Kasten. Nächste Woche schließen wir uns vier Tage lang in einer Hütte im Wald ein, um den Gesang aufzunehmen. Wer uns bei der Albumfinanzierung unterstützen möchte, kann dies tun, indem er es jetzt schon zum Preis von 12 Euro vorbestellt. Das geht per Mail an info@wewillkaleid.com. RG: Danke für Deine Antworten, viel Erfolg mit der Band. Wir sind gespannt auf Eure CD. Wer wie wir gerade in Vorfreude auf den Silberling schwelgt, kann sich die Wartezeit verkürzen mit zwei Videos von WE WILL KALEID...