RuhrGesichter Die Cranger Kirmes in Herne ist trotz des miesen Wetters zumindest beim Kirmesstart auch in diesem Jahr ein echtes Schmuckstück und nach eingängiger Prüfung der Ruhrgesichter Redaktion unbedingt einen Besuch wert. Oder zwei. Oder drei.

Cranger Kirmes                                                                    

Unsere Kritik: Lohnt sich der Besuch in diesem Jahr?

Oder    so    oft,    bis    die    Klimpertaler    im    Portemonnaie    zur    Neige    gehen.    Denn natürlich   geht   auch   an   der   Cranger   Kirmes   die   allgemeine   Preisspirale   nicht spurlos    vorbei,    auch    wenn    die    Preise    im    direkten    Vergleich    zu    anderen Kirmesveranstaltungen   im   Rahmen   bleiben   und   es   sogar   das   eine   oder   andere Schnäppchen   zu   ergattern   gibt.   Eine   Bratwurst   oder   ein   Pils   für   2.-   €   muss   man auch   auf   Crange   suchen,   kann   es   aber   durchaus   finden.   Viele   Besucher   sparen ohnehin   das   ganze   Jahr   auf   den   Kirmesbesuch,   um   ihre   Reichtümer   unter   den Schaustellern   zu   verteilen.   Damit   dies   auch   sicher   gelingt,   nehmen   sich   viele Kirmesfans gleich mal 10 Tage Urlaub für die Sause in Herne. Die   Cranger   Kirmes   bleibt   auch   in   diesem   Jahr   Deutschlands   größtes   Volksfest und   ein   generationenübergreifendes   Lebenselixier   des   Ruhrgebiets;   rund   vier Millionen   Besucher   erleben   „die   Explosion   der   Gefühle   im   Ruhrgebiet“   Jahr   für Jahr.   Ob   Alpen   Coaster,   Bayern   Tower   oder   das   verrückte   Funhouse   Freddy’s Company:    Für    Fahrspaß    und    Familienunterhaltung    ist    gesorgt.    Mit    dem selbstbewussten   Motto   „Alles   andere   ist   Rummel“   setzt   die   Kirmes   gezielt   auf   ein buntes    Feuerwerk    aus    modernen    Fahrgeschäften,    Nostalgie,    Events    und Ruhrpottidentität.   Die    etwas    überraschungsarme,    aber    rundum    gelungene    und    kurzweilige Eröffnung    der    Cranger    Kirmes    2025    fand    am    Freitag    traditionell    mit    dem Fassanstich    statt    –    politisch    begleitet    von    Dr.    Frank    Dudda,    der    sich    dem Fassanstich   als   persönliche   alljährliche   Herausforderung   auch   in   diesem   Jahr tapfer   stellte   –   und   wurde   moderiert   von   Helmut   Sanftenschneider,   der   mit gewohnt   sicherem   Humor   durchs   Programm   führte.   Politisch   sollte   das   Event bewusst     „wahlkampffrei“     bleiben–     trotz     Anwesenheit     des     Vizekanzlers, Bundesfinanzministers   und   SPD-Vorsitzenden   Lars   Klingbeil,   der   als   politischer Ehrengast   die   Veranstaltung   zusammen   mit   Oberbürgmeister   Dr.   Frank   Dudda eröffnete   und   ein   paar   wohlklingende   Worte   zu   Crange   im   Besonderen   und   dem Zusammenhalt im Land im Allgemeinen sprach. Der   Fassanstich   als   symbolischer   Akt   der   Eröffnung   ist   mehr   als   Biertradition:   Er visualisiert   städtische   Integration,   Gastfreundschaft   und   die   Verbindung   zwischen Politik   und   Bürgerschaft.   Neben   den   250   Bürgern,   bei   denen   das   Los   entschied, wer   dabei   sein   durfte,   fanden   sich   zahlreiche   geladene   Gäste   ein:   Von   der   NRW Wirtschaftsministerin     Mona     Neubaur,     Bernd     Tönjes     von     der     RAG,     dem Regierungspräsidenten    Arnsberg,    zahlreichen    Abgeordneten,    dem    türkischen Generalkonsul,    Landräten    bis    zu    Delegationen    aus    Polen    und    der    Mongolei. Angesichts    dieser    Publikumszusammensitzung    war    es    auch    in    diesem    Jahr erstaunlich,   wie   schnell   der   musikalische   Stargast   das   rappelvolle   Zelt   auf   echte Crange-Temperatur     bringen     konnte:     Maite     Kelly,     mit     über     40     Jahren Bühnenerfahrung   –   einst   Mitglied   der   Kelly   Family,   seither   als   Solokünstlerin   in Pop   und   Schlager   erfolgreich   –   brachte   mit   ihrer   außergewöhnlichen   Stimme   und beeindruckender,    „goldiger“    Bühnenpräsenz    hochkarätiges    Entertainment    ins Bayern-Festzelt.   Selbst   unser   Schwermetall   –   erprobter   Reporter   vor   Ort   muss trotz    akuter    Schlagerallergie    -wie    bereits    im    Vorjahr    bei    Vanessa    Mai    anerkennen: Maite Kelly, die kann was. Im   Festivalzelt   spielte   sie   ein   komprimiertes   Set,   bestückt   mit   ihren   bekanntesten Hits: Maite erfüllte die hohen Erwartungen als Stargast mit Leichtigkeit. Das   war   eine   starke   Eröffnung   zu   einer   auch   in   diesem   Jahr   tollen   Kirmes: Nachdem    eine    reibungslose,    gelungene    Festzeltinszenierung    ihren    Abschluss gefunden   hatte,   haben   wir   uns   in   das   authentische,   manchmal   –   wie   das   ganze moderne   Ruhrgebiet-   widersprüchliche   und   facettenreiche   Volksfestleben   gestürzt und   das   Areal   intensiv   durchstreift.   Ein   frühes   Fazit:   Hier   kann   man   viel   Spaß haben, auch wenn Petrus für einige heftige Regengüsse sorgte. Die   Cranger   Kirmes   ist   auch   in   diesem   Jahr   nicht   einfach   eine   Großkirmes,   die genauso    auch    in    Hamburg,    Köln,    München    oder    Leipzig    stattfinden    könnte, sondern    verströmt    einen    bunten,    manchmal    rauen,    liebenswerten    Ruhrpott- Charme und bleibt ein sozialer Schmelztiegel echten Ruhrgebietsgeistes. Die   Wurzeln   der   Cranger   Kirmes   reichen   bis   ins   15.   Jahrhundert   zurück:   Bereits um   1440   fand   in   Crange,   einem   kleinen   Ortsteil   von   Wanne   (heute   Herne),   ein jährlicher   Pferdemarkt   statt.   Händler,   Gaukler   und   Schausteller   gesellten   sich über   die   Jahrhunderte   zum   Markttreiben   –   der   Jahrmarktcharakter   entwickelte sich.   In   den   1980er-   und   1990er-Jahren   etablierte   sich   die   Kirmes   endgültig   als größtes   Volksfest   in   NRW,   mit   heute   rund   vier   Millionen   Besuchern   jährlich.   Der alte   Pferdemarkt   wurde   zwar   in   den   Hintergrund   gedrängt,   lebt   aber   noch   in   den Reiterhof-Veranstaltungen      fort.      Heutesteht      die      Cranger      Kirmes      für Ruhrgebietstradition   pur:   Zwischen   Bierzelten,   Zuckerwatte   und   Achterbahnen   ist sie   Ort   der   Begegnung,   Heimatgefühl,   Party,   Identität   –   und   vor   allem   eines:   ein kulturelles Erbe, das sich Jahr für Jahr neu erfindet. Leider   hat   der   neue   Besitzer   der   Boxbude   „Fight-Club“   auch   in   diesem   Jahr   die Teilnahme   abgesagt.   Das   ist   schade,   hat   unser   Fotograf   sich   doch   extra   ein stattliches   Kampfgewicht   auf   der   Kirmes   angefuttert.   Auch   abseits   der   Boxbude schien   es   im   Vorfeld   der   Kirmes   hinter   den   Kulissen   etwas   zu   knirschen;   so   waren unter   anderem   mit   der   Entscheidung   zu   einem   mit   dem   White   Wheel   zweiten Riesenrad   sicherlich   nicht   alle   Beteiligten   glücklich.   Der   Plan,   einen   ansonsten etwas   schwierigen   Bereich   der   Kirmes   mit   dem   zweiten   Rad   aufzuwerten,   schien jedoch   durchaus   zu   funktionieren.   Die   Cranger   Kirmes   präsentiert   ansonsten   in diesem   Jahr   wieder   rund   50   Fahr-,   Lauf-   und   Showgeschäfte   –   eine   Mischung   aus Klassikern und spektakulären Neuheiten. Da     ist     zum     Beispiel     der     Alpen     Coaster:     Eine     rund     500 m     lange Berg‑und‑Tal‑Achterbahn     im     Alpenstil:     familienfreundlich,     aber     durchaus spannend.   Der   BayernTower   ist   ein   Hochkettenflieger   mit   bayerischem   Ambiente –   schwindelerregende   90 m   Höhe   und   70 km/h   Fahrtempo   bieten   Panoramablick und   Nervenkitzel   zugleich.   Freddy’s   Company   ist   ein   kreatives   Funhouse   mit Autowaschstraßen-Thematik, wackeligen Böden und schrillen Effekten. Neben   den   Neuheiten   sind   viele   bewährte   Attraktionen   zurück,   zum   Beispiel Rundfahrbetriebe    wie    die    Klassiker    Big    Monster,    Break    Dance,    Predator, Wellenflug   oder   Voodoo   Jumper.   Ebenfalls   wieder   dabei:   Evolution,   Hangover, Infinity    und    die    Wilde    Maus    XXL,    zudem    eine    ganze    Reihe    Autoscooter Variationen.   Dazu   kommen   viele   Kinderfahrgeschäfte,   so   dass   für   jeden   etwas dabei    sein    dürfte    und    zahlreiche    gastronomische    Angebote,    die    für    jeden Geschmack   etwas   bieten   –   von   herzhaften   Spezialitäten   bis   zu   süßen   Leckereien: Bei   mehr   als   500   Ständen   entlang   der   Budenfront   darf   klassische   Kirmeskost natürlich    nicht    fehlen:    Bratwurst,    Currywurst,    Pommes,    gebrannte    Mandeln, Crêpes     und     Eisstände     –     ideal     für     kleine     und     große     Hungerstillungen zwischendurch.   Ob   beim   Showprogramm   am   Reiterhof   Gut   Steinhausen   als   Teil   der   historischen Pferdemarkt-Tradition,    dem    großen    Festumzug,    den    zahlreichen    Partys    in Biergärten   und   dem   Festzelt   oder   den   beiden   Höhenfeuerwerken   (hier   hat   das schlechte   Wetter   am   ersten   Wochenende   auch   sein   Gutes:   Es   wird   nicht   über eine    Absage    wegen    Trockenheit    debattiert;    dafür    in    diesem    Jahr    über    die Sicherheit   nach   dem   Unglück   auf   der   Düsseldorfer   Rheinkirmes.   Da   auf   Crange das   Feuerwerk   auf   der   anderen   Kanalseite   gezündet   wird   und   nicht   auf   dem Kirmesgelände   selbst,   war   diese   Diskussion   allerdings   zügig   beendet.   Auch   an das   Thema   Sicherheitskonzept   und   Terrorabwehr   hat   sich   die   Öffentlichkeit   - leider-   gewöhnt,   inkl.   der   Hinnahme   zahlreicher   Veranstaltungsabsagen   zwischen Schützenfest,   Kirmes   und   anderen   Volksfesten;   lediglich   um   die   Sicherheitskosten und    Auflagen    wird    bei    Ausstellern    und    Veranstaltern    nach    wie    vor    eifrig gestritten.). Unser    alljährliches    Ruhrgesichter    -    Highlight    sind    neben    den    versammelten „offiziellen“   Attraktionen   auch   die   zahlreichen   Heckenwirtschaften   und   -vor   allem- die    Besucher    selbst,    von    einigen    typisch    großstädtischen    Ausfällen    zwischen Taschendiebgangs    und    ein    paar    grimmigen    Testosteronschleudern    einmal abgesehen,   mit   denen   man   allerdings   nach   kurzem   verbalem   Schlagabtausch   in der    Regel    dennoch    schnell    ins    Gespräch    kommt    und    ruckzuck    beim    Pilsken zusammensteht.   Der   Ruhrpott   ist   eben   anders.   Es   ist   auf   Crange   also   auch   über das spaßige „im-Kreis-fahren“ hinaus einiges geboten… Fazit:    Der    Spagat    zwischen    Tradition    und    Neuerungen    gelingt    erneut:    Die Mischung   aus   Kultur,   Musik   und   Volksfestcharme   macht   die   Cranger   Kirmes   auch 2025 zu einem echten Sommerhighlight im Ruhrgebiet.
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