RuhrGesichter Ein Konzert in einer Höhle ist an sich schon ein Erlebnis. Wenn dann noch eine Künstlerin wie Dr. Bianca Stücker mit ihrem Ensemble Bruxas Solis auftritt, wird daraus ein Ereignis von nahezu alchemistischer Intensität.

Mystik & Musik unter der Erde                                                                    

Bianca Stücker & Bruxas Solis in der Kluterthöhle

Die   Kluterthöhle   in   Ennepetal   –   ein   nationales   Naturmonument   mit   über   sieben Kilometern   verwinkelter   Gänge   –   wurde   zur   Bühne   für   ein   außergewöhnliches Konzert        (wir        Ruhrgesichter        empfehlen        auch        unabhängig        von Sonderveranstaltungen     uneingeschränkt     jedem     Höhlen     Fan     die     zahlreich angebotenen,   qualitativ   wirklich   großartigen   und   spannenden   Führungen   von „bequem“    bis    „sportlich“:    www.kluterthoehle.de ).    Der    Veranstaltungsort:    die „Gralsburg“, ein eindrucksvoller Höhlenraum tief im Inneren des Berges. Nach   dem   Durchzählen   der   Besucher   vor   dem   Zutritt   in   die   Höhle   und   der Erkenntnis,   dass   alle   Ticketbesitzer,   die   fehlten,   nicht   in   der   Höhle,   sondern bereits     auf     dem     Weg     zur     Höhle     verschollen     waren,     gab     es     eine Sicherheitseinweisung   inkl.   der   Frage,   ob   alle   Besucher   vor   dem   Betreten   der Höhle   nochmal   Pipi   gemacht   haben.   Spätestens   zu   diesem   Zeitpunkt   hatte   der Konzertabend ein gewisses Klassenfahrt-Flair. Es   folgte   der   Hinweis,   dass   es   aufgrund   der   vielen   Gäste   etwas   eng   in   der Gralsburg   wird   und   die   Ermahnung   an   die   Besucher   in   der   letzten   Reihe,   auf   gar keinen   Fall   mit   den   Stühlen   zu   kippeln,   da   direkt   hinter   ihnen   ein   Abgrund lauere…   (tatsächlich   können   wir   die   hier   mitlesende   Bergbehörde   beruhigen:   Es war   alles   sicher;   Kluterthöhlen   -   Sarah   &   Kollegin   hatten   die   Besucher,   den „Abgrund“ und sogar den Medienvertreter kompetent im Griff.) Die   Musikwissenschaftlerin,   Kirchenmusikerin,   Tänzerin   und   Autorin   Dr.   Bianca Stücker   präsentierte   mit   ihrem   Ensemble   Stücke   ihres   Albums   DE   ALCHEMIA.   Die Kompositionen   wurden   mit   Bruxas   Solis   erneut   livetauglich   gemacht   und   in   einem erinnerungswürdigen,       beeindruckenden       Konzert       dem       Publikum       und möglicherweise einigen Fledermäusen zu Gehör gebracht. Begleitet   von   Harfe,   Hackbrett,   Nyckelharpa,   Schamanentrommel,   Flöten   und einem   „magischen   Laptop“,   verschmolzen   vorproduzierte   Klanglandschaften   mit der       Intimität       handgespielter       Instrumente       zu       einer       mitreißenden Gesamtkomposition. Stückers   klare,   ausdrucksstarke   Stimme   führte   durch   ein   Repertoire,   das   sich nicht   nur   über   Sprachen   –   Deutsch,   Latein,   Französisch,   Spanisch,   Finnisch   und Englisch   –   sondern   auch   über   Zeit   und   Raum   spannte.   Ihre   Lieder   kreisten   um Alchemie,   Tarot,   Liebe   und   Tod   –   getragen   von   einer   klanglichen   Vielfalt,   die   in der Höhle mit überraschend gutem Sound eindrucksvoll zur Geltung kam. Mit   intelligenten,   charmanten   Moderationen   führte   Stücker   durch   den   Abend   die     Geschichten     zur     vergessenen     Kunst     der     Alchemie     wirkten     weder geheimniskrämerisch   noch   belehrend,   sondern   weckten   Neugier   und   Interesse. Tänzerisch   unterlegte   Passagen   –   gezwungenermaßen   minimalistisch,   angesichts der   beengten   Platzverhältnisse   –   verliehen   der   Darbietung   zusätzliche   Tiefe   und Körperlichkeit. Neben   bekannten   Stücken   aus   DE   ALCHEMIA   gab   es   auch   einen   Vorgeschmack auf   das   kommende   Album   zum   Thema   Tarot,   darunter   die   Kompositionen   zu   den Karten   „Der   Turm“   und   „Temperantia“.   Das   Konzert   balancierte   fein   zwischen Musik und Performance, ohne je ins Überladene zu kippen. Nachdem   wir   Bianca   Stücker   mit   Bruxas   Solis   nun   nach   dem   Konzert   in   der Dechenhöhle   ein   zweites   Mal   in   einer   Höhle   erleben   durften,   sind   wir   zwar   der Meinung,    dass    sich    das    Ensemble    ruhig    weiter    durch    die    sauerländischen Unterwelten   spielen   darf   und   verstehen,   dass   die   Spielzeit   der   Konzerte   allein schon   aufgrund   der   Locations   und   der   Blasenkapazität   der   Besucher   begrenzt   ist. Jedoch   ist   das   musikalische   Schaffen   von   Bianca   Stücker   zwischen   Chormusik, mehreren    Elektronik-Projekten,    den    überaus    erfolgreichen    Kooperationen    mit einem   gesanglich   stets   sein   Bestes   gebenden   Dr.   Mark   Benecke   und   eben   diesem Projekt   mit   ergrauten   Texten   und   neuen   Melodien   auf   alten   Instrumenten   über die   Kunst   der   Alchemie   und   des   Tarots   derart   spannend,   so   dass   wir   Frau   Dr. Stücker    nebst    Mitstreiterinnen    auch    gerne    einmal    abendfüllend    durch    ihre musikalische und tänzerische Welt folgen würden. Das   war   tief   berührende   Musik   an   diesem   passendsten   aller   Orte   nahe   dem Mittelpunkt   der   Erde   (naja,   die   Richtung   stimmte   immerhin).   Wir   wurden   gut unterhalten    (auch    durch    die    Streicheleinheiten    mit    den    Tanzaccessoires    aus wallenden   Stoffbahnen   für   die   erste   Zuschauerreihe:   Es   war   halt   eng   in   der Höhle…)   und   lernten   so   viel   über   Alchemie,   dass   wir   nach   dem   Konzert   direkt   in der   heimischen   Küche   Gold   herstellen   konnten   (möglicherweise   waren   es   auch überbackene    Nudeln.    Wenn    der    Hunger    groß    genug    ist,    kommt    das    aber weitgehend aufs selbe raus). Das   Publikum   zeigte   sich   begeistert   –   nicht   nur   vom   Reiz   des   ungewöhnlichen Konzertortes,   sondern   vor   allem   von   der   künstlerischen   Qualität   der   Darbietung. Diese   Musik   ist   keine   leichte   Kost,   aber   gerade   das   macht   ihren   Reiz   aus:   Die Kompositionen   und   Texte   fordern   den   Geist,   bleiben   aber   zugleich   zugänglich   sperrig genug, um spannend zu sein, eingängig genug, um sofort zu verzaubern. Nach   einer   guten   Stunde   endete   das   Konzert   mit   mehreren   Zugaben.   Ein   Abend, der    lange    nachhallt    –    nicht    nur    wegen    der    Felswände,    sondern    wegen    der dichten,   eigenständigen,   klangvollen   Atmosphäre,   die   Dr.   Bianca   Stücker   und   ihr zauberhaftes Ensemble geschaffen haben: Poesie statt Pose. Das    war    ein    magischer    Abend    mit    zauberhaften    Protagonistinnen    in    der großartigen Kluterthöhle. Gerne wieder, gerne mehr davon.