RuhrGesichter Der RuhrCongress in Bochum ist ein Multifunktions – Zweckbau. Wenig überraschend  mit der Leichenhallen Atmosphäre eines Multifunktions – Zweckbaus: Die Mauern atmen den Geist von Elektronikmessen, Handelsvertreterkongressen und es riecht noch nach dem Angstschweiß der Bewerber auf der letzten Jobbörse. Ob es Heilung gelingen sollte, ausgerechnet hier nordischen Zauber einkehren zu lassen, war eine überaus spannende Frage.

Heilung, Eivør, Lili Refrain                                                   

Live im RuhrCongress Bochum

Nachdem   neben   der   B1   in   Dortmund   mal   wieder   ein   paar   Weltkriegsbomben entschärft   wurden   und   der   Stau   kein   Ende   nahm,   waren   wir   zwar   rechtzeitig   weit vor   dem      offiziellen   Showbeginn   vor   Ort,   bekamen   von   Lili   Refrain   jedoch   leider nur   noch   die   letzte   Hälfte   ihres   Sets   mit.   Die   Römerin   stapelte   auf   der   Bühne minimalistische   Echtzeit   -   Loops   aus   Synth,   Rhythmus,   Gitarre   und   Gesang   zu einem   schönen,   zerbrechlichen,   lyrischen   Ambientturm.   Als   One   Woman   Show begeisterte   sie   die   anwesenden   Ohren,   auch   die   unseren,   so   dass   wir   stolze   8 Live-Punkte    vergeben.    Schade    nur,    dass    dieses    schöne    Klangerlebnis    zum offiziellen Showbeginn um 20 Uhr schon wieder verklungen war. Ursprünglich   waren   Gaahls   Wyrd   als   Support   angekündigt,   die   jedoch   aus   uns nicht   bekannten   Gründen   von   Lili   Refrain   und   Eivør   ersetzt   wurden.   Leider   fand diese   Änderung   außer   auf   den   eigenen   Künstlerpräsenzen   nirgends   Erwähnung. Dementsprechend   gab   es   im   Publikum   durchaus   enttäuschte   Besucher,   die   gern Lili   Refrain   gehört   hätten,   aber   eben   erst   pünktlich   um   20   Uhr   vor   Ort   waren. Dieses   Vorgehen   mag   zwar   nicht   unüblich   sein,   darf   aber   gern   Besucher-   und Künstlerfreundlicher gestaltet werden. Um   20   Uhr   betrat   Eivør   die   Bühne.   Eivør   Paldottir   hat   sich   schon   seit   langem   über die    Grenzen    Dänemarks    hinaus    weltweit    in    die    Herzen    der    Fans    gesungen. Gebürtig   von   den   Faröer   Inselns   stammend,   tourt   die   mit   Preisen   überhäufte Künstlerin    fleißig    auch    viel    in    Deutschland.    Im    mittlerweile    rappelvollen RuhrCongress   erschuf   Eivør   wunderschöne   Songwellen,   auf   denen   sich   krönend ihre   einzigartige   Gesangsstimme   wie   ein   sich   kräuselnder   Wellenkamm   erhebt. Der   oft   angestellte   Vergleich   mit   der   Isländerin   Björk   erschließt   sich   uns   nicht   so recht,   beim   Stimmfarbenvergleich   liegt   Eivør   sehr   viel   näher   an   Kate   Bush.   Nur sind   ihre   Songs   nicht   nur   folkloristischer,   sondern   einfach   um   Längen   besser   als alles,    was    die    gute    Käthe    seit    Hounds    of    Love    hervorgebracht    hat.    Ein beeindruckender   Auftritt,   der   starke   8   von   10   möglichen   Live-Punkten   redlich verdient hat. Nun   fiel   der   Zwischenvorhang   auf   der   Bühne,   so   dass   diese   nun   in   ganzer   Tiefe zu   bestaunen   war.   Das   Vorhaben   von   Heilung:   Mit   ihrer   „amplified   history   from early   medieval   northern   Europe“   das   Publikum   „in   die   Eisenzeit“   zu   entführen. Mmmh,   Eisenzeit   oder   „early   medieval“?   Egal.   Als   Kai   Uwe   Faust,   Christopher Juul,   Maria   Franz   und   ihre   wilde   Krieger   –   Horde*   (*   =   GWM™   =   generisches Wikinger   –   Maskulinum,   dass   auch   weibliche,   intersexuelle   und   trans   Krieger   mit einschließt)   zur   Opening   Ceremony   die   Bühne   betreten,   ertönt   zunächst   wildes Wolfgeheul   aus   den   Besucherreihen,   schließlich   wird   es   jedoch   so   still,   dass   man dem aus der Räucherschale aufsteigenden Rauch beim Rauchen zuhören kann. Schon   zu   diesem   Zeitpunkt   war   unsere   Eingangsfrage   beantwortet:   The   magic   is in   the   RuhrCongress   and   the   Handelsvertreterenergy   is   wech.   Daran   änderten auch   die   flüsternden   Mädels   hinter   uns   nichts,   die   unter   den   geweihtragenden Mitstreitern   von   Heilung   passend   zur   Jahreszeit   die   Rentiere   Dasher,   Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donner, Blitz und Rudolph ausmachen wollten. Im   Kreis   und   in   der   Stille   stehend,   erinnerte   Heilung   an   die   Bruderschaft   der Menschen,     der     Kreaturen     und     der     Natur.     Auf     minimalistischen     Sample- Klangteppichen   erhob   sich   nun   der   typische   Heilung   –   Sound   aus   viel   tanzbarer Trommeley,   einigen   alten   Saiteninstrumenten,   dem   Einsatz   des   vielstimmigen Gesangs    als    Rhythmusinstrument,    tiefem    Kehlgesang    und    der    hellen,    aber kraftvollen Stimme von Maria Franz. Es    handelte    sich    an    diesem    Abend    in    Bochum    jedoch    nicht    nur    um    eine musikalische     Geschichtsshow     mit     alten     Instrumenten,     viel     Nebel     und spekulativem   Nordmann-Folk,   sondern   die   Konzertatmosphäre   wurde   spirituell aufgeladen und zu einem intensiven Erlebnis. Optisch    erinnerte    das    ganze    Unterfangen    an    ein    oft    reichlich    martialisches heidnisches   Mysterienspiel   mit   vielen   eindrücklich   dargestellten   Bildern.   Da   ein Heilung    Auftritt    irgendwo    zwischen    Konzert,    Schauspiel    und    Ritual    pendelt, richten   die   Musiker/Darsteller   auch   kein   direktes   Wort   an   das   Publikum,   einzig Maria Franz deutet am Ende des Auftritts mit der Hand in die Zuschauerreihen. Wenn   wir   etwas   Negatives   schreiben   wollten,   dann   wäre   es   dies:   Musikalisch   trug     das   Dargebotene   zwar   mit   allem   vielstimmigen   Bombast   über   die   vollen   zwei Stunden.   Als   Schauspiel/Mysterienspiel   fehlte   jedoch   der   erkennbare   rote   Faden in   der   Dramaturgie,   trotz   aller   stimmigen   mystischen   Bilder.   Unabhängig   von   den transportierten   Inhalten:   Als   Ritual   reichte   die   Energie   des   Kreises   erkennbar nicht   bis   in   die   bestuhlten   Tribünenbereiche,   der   Kreis   auf   der   Bühne   war   ein geschlossener,   das   Publikum   war   magischer   Zaungast.   Das   ist   nicht   schlimm, jedoch   eben   kein   „immersives   Erleben“,   wie   es   der   Anspruch   von   Heilung   ist.   Da wir    jedoch    zum    einen    nichts    Negatives    schreiben    wollen    und    zum    anderen erahnen,   wie   unfassbar   schwierig   eine   andere   Umsetzung   auch   nur   eines   dieser Punkte    wäre,    hüllen    wir    uns    in    andächtiges    Schweigen,    denn:    Es    war beeindruckend   schön   und   eine   einzigartige   Performance,   die   wir   so   noch   nicht sehen   und   hören   durften   seit   der   Eisenzeit.   Heilung   sind   in   der   Lage,   eine spannende,   wuchtige   musikalische   Energie   zu   erzeugen   und   definitiv   etwas   fürs (Heiden   -)   Auge,   die   Götter   aller   Welten   sind   sicher   erfreut:   9   Live-Punkte   für einen kurzweiligen, spannenden und bunten Abend im Götterwald.
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