RuhrGesichter Die neue, nunmehr dritte Dauerausstellung seit der im Januar 2023 gefeierten Eröffnung des Phoenix des Lumiéres in Dortmund nimmt die Besucher mit in das Reich der Pharaonen und zeigt darüber hinaus eine bildgewaltige Show über die französischen Orientalisten Ingres, Gerome und Delacroix. Deren Kunst gerät in der schwelgerischen Präsentation in der alten Industriehalle neben der fulminanten Reise ins Alte Ägypten zu einem echten Highlight. Dazu gesellt sich das sehenswerte, zeitgenössische und kurze Stück „Foreign Natures“ von Julius Horsthuis.

Im Reich der Pharaonen                                                                    

Die neue Ausstellung bei Phoenix des Lumières

In   direkter   Nachbarschaft   zur   alten   Hochofenanlage   von   Phoenix   West,   dem ehemaligen   Hoesch-Gasometer   und   in   der   Nähe   des   Phoenixsees,   haben   sich nicht   nur   zahlreiche   Unternehmen   aller   Art   angesiedelt,   darunter   eine   wirklich gute   Brauerei   mit   Ausschank,   sondern   es   gedeiht   auch   die   Kultur   mitten   in   dem alten   Industriekomplex:   Die   immersive   Ausstellung   „Im   Reich   der   Pharaonen“   lädt dazu   ein,   die   von   Zeit   und   Sand   begrabenen   Geheimnisse   des   Alten   Ägypten (neu) zu entdecken. Wie   stets   bei   Phoenix   des   Lumiéres   stehen   nicht   wie   in   anderen   Ausstellungen lange   Erklärungen   oder   gar   großformatige   Texttafeln   im   Vordergrund,   sondern eine    künstlerische    visuelle    Aufarbeitung    und    zeitgemäße    Präsentation    der jeweiligen Bilder. Die   Abfolgen,   dezenten   Animationen   und   Überblendungen   geschehen   homogen, ruhig    und    doch    lebendig;    ganz    gleich,    ob    der    Betrachter    sich    einen    festen Beobachtungsplatz   sucht   oder   in   der   großen   Halle   umherspaziert   und   eine   eigene Perspektive    entdeckt.    So    hat    jeder    Besucher    später    beim    Verlassen    der Ausstellungshalle   das   Gefühl,   alles   gesehen   zu   haben   und   doch   hat   jeder   Gast seine   eigene   Reise   mit   eigenen   Perspektiven   erlebt.   Und   wenn   es   gefallen   hat, spricht ja nichts gegen einen erneuten Besuch… Tiefergehende   Informationen   zu   den   drei   Ausstellungsteilen,   dem   Alten   Ägypten und   den   Künstlern   finden   sich   auf   Displays   im   Info   Cube,   so   dass   das   immersive Erleben   in   der   Halle   nicht   durch   Textbildschirme   gestört   wird.   Eine   gute   Lösung. Ebenso     abgetrennt     findet     sich     in     der     Halle     eine     Miniabteilung     zur Industriegeschichte von Phoenix West. Kommentare    und    Einordnungen    der    Ausstellungsmacher    gelingen    aufgrund fehlender    Möglichkeiten    zur    Text-    und    Wortkommentierung    während    der berauschend   schönen   Schau   ausschließlich   auf   kluge,   kreativ   –   künstlerische Weise;   etwa,   wenn   die   „stereotypen   Frauendarstellungen“   des   Wegbereiters   des Impressionismus   Eugéne   Delacroix   (1789   –   1863)   durch   Neneh   Cherrys   „Woman“ musikalisch   „kommentiert“   werden,   wie   die   künstlerische   Leiterin   Virginie   Martin auf der Pressekonferenz anlässlich des Ausstellungsstarts verriet. Manchmal   jedoch   müssen   Kunstwerke   aus   dem   19.   Jahrhundert   nicht   dem   heute üblichen   Blick   auf   die   Welt   entsprechen,   um   mit   Genuss   angeschaut   und   bei Bedarf   auch   kritisch   verstoffwechselt   werden   zu   können.   Und   aus   der   Sicht   des Connaisseurs   sind   die   Werke   und   die   üppige   Präsentation   der   Orientalisten   in Dortmund einfach phänomenal gelungen; ein Rausch aus Licht, Farbe und Musik. Der   Direktor   von   Phoenix   des   Lumiéres,   Andreas   Richter,   berichtete   von   seiner Ehrfurcht     vor     dem     Thema     „Reich     der     Pharaonen“     und     den     riesigen geschichtlichen   Zeitspannen;   er   betonte,   dass   Kleopatra   zeitlich   näher   an   der Erfindung des iPhones lebte als an der Erbauung der Pyramiden. Culturespaces    kooperierte    bei    der    einjährigen    Vorbereitung    der    Ägypten- Ausstellung     eng     mit     Ubisoft.     Einige     Darstellungen     basieren     auf     3D- Rekonstruktionen   aus   dem   Videospiel   Assassin's   Creed   Origins.   Für   „Im   Reich   der Pharaonen“    passten    Culturespaces    und    Ubisoft    die    Szenen    filmisch    und fotografisch   an   die   spezifischen   Ansprüche   der   Ausstellung   neu   an.   Zwischen Videospielästhetik   (die   nicht   jedem   Ägyptologen   gefallen   dürfte),   der   Anmutung eines   Projektion   gewordenen   großformatigen   Bildbandes   über   die   ägyptischen Monumente   bis   hin   zu   spannenden   Visualisierungen   und   Animationen,   die   oft unerwartet   und   mitreißend   überraschen   und   verzaubern,   lässt   es   sich   für   den Besucher vortrefflich wandeln und eine großartige Produktion genießen. Was    ganz    wunderbar    gelöst    wurde,    ist    nicht    nur    der    Erzählstrang    des kosmologischen   Lebenszyklus   von   der   Entstehung   der   Welt   bis   zur   Jenseits-Party von Osiris zu „Stairway to Heaven“ von Led Zeppelin. Überhaupt,   die   Musik:   Zwischen   altem   und   neuem   Monumentalfilm-Bombast   und Verdis   obligatorischer   Aida   finden   sich   diverse   weitere   Schätze   zwischen   Hans Zimmer   und   Peter   Gabriel,   die   auch   dann   den   passenden,   umwerfend   guten Soundtrack   zu   der   kulturgeschichtlichen   Schau   liefern,   wenn   das   Kreativteam   mal etwas   die   Monumental-Dosis   im   ägyptischen   Bilderrausch   zügelt   und   gekonnt   mit Licht   und   Schatten   spielt.   100   Projektoren   und   28   Lautsprecher   zeigen   mit   guter Bildqualität   und   kristallklarem   Klang,   was   die   Techniker   und   Kreativen   dahinter können.  Mit   „Im   Reich   der   Pharaonen“   ist   Culturespaces/Phoenix   des   Lumierérs   Dortmund ein   großer   Wurf   gelungen,   der   Erfolg   dürfte   sich   bei   diesem   Thema   und   vor   allem dieser    qualitativ    großartigen    Umsetzung    nahezu    naturgesetzlich    einstellen. Zwischen    lehrreichen    Aspekten    und    umwerfend    unterhaltsamen    Bilderrausch applaudieren    wir    dem    Team    hinter    der    Ausstellung    und    sprechen    eine bedingungslose   Empfehlung   an   unsere   Leser   aus,   sich   auf   eine   Reise   durch   Raum und Zeit in das Alte Ägypten zu begeben. Wissenswertes   zu   Anfahrt,   Tickets,   Parken   und   alle   weiteren   aktuellen   Infos   für den Besuch gibt es hier: https://www.phoenix-lumieres.com/de