RuhrGesichter Ein Gespräch mit Andre Papenberg vom Zentrum SauerlandHund über tanzende Hunde, respektvolles Miteinander und die Herausforderungen der Corona – Krise.

HUNDELEBEN                                                    

Interview mit dem Hundetrainer André Papenberg

Der    studierte    Maschinenbautechniker    Andre    Papenberg    ist    leidenschaftlicher Hundehalter,   -trainer   und   erfahrener   Verhaltensberater.   Gemeinsam   mit   seiner Partnerin   Jana   Scholz   nebst   Team   betreibt   er   das   Zentrum   SauerlandHund   im beschaulichen      Eslohe.      SauerlandHund      bietet      dort      vom      Einzel-      und Gruppentraining   über   die   Vorbereitung   zum   Wesenstest   bis   zur   Physiotherapie,     Osteopathie   und   Ernährungsberatung   alles   rund   um   gut   erzogene   und   glückliche Hunde an. Ruhrgesichter:    Hundetrainer   scheint   -nicht   erst   seit   Martin   Rütter   eine Dauerpräsenz   im   Fernsehen   hat-   ein   Traumberuf   zu   sein.   Warum   haben   Sie   sich für diesen Beruf entschieden? Andre   Papenberg:    Ich   bin   mit   Hunden   aufgewachsen   und   habe   mein ganzes    Leben    mit    Hunden    zusammengelebt,    sowie    gemeinsam    mit    meiner Familie   gezüchtet.   Zusätzlich   arbeite   ich   sehr   gerne   mit   Menschen   zusammen,   es macht   mir   Spaß   verschiedene   Menschen   und   ihre   Geschichten   kennenzulernen. Wenn   ich   Menschen   bei   Themen   mit   ihrem   Hund   helfen   kann,   ist   es   auch   immer wieder   ein   Erfolg   für   mich.   Wer   glaubt   ein   Hundetrainer   trainiert   Hunde,   liegt   hier falsch:   Ein   Hundetrainer   arbeitet   hauptsächlich   mit   dem   Menschen   und   sollte neben   kynologischer   Fachkompetenz   auch   Beratungskompetenzen   aufweisen.   Ich unterscheide   gerne   zwischen   Hundetrainern   und   Verhaltensberatern.   Der   eine arbeitet praktisch mit dem Hund und der andere berät Menschen. Ruhrgesichter:        Inwieweit       ist       ein       Hundetrainer       auch       ein Hundehaltertrainer? Andre   Papenberg:    Der   Hundetrainer   ist   in   meinen   Augen   jemand,   der selbst   aktiv   mit   Hunden   arbeitet,   trainiert   und   die   Praxis   selbst   ausübt.   Das   sind für     mich     Trainer,     die     z.b.     mit     Tierschutzhunden     im     Tierheim     arbeiten. Verhaltensberater   beraten   Hundehalter,   wie   sie   in   einer   Hund-Halter-Beziehung vorgehen   sollten.   Sie   führen   eine   beratende   Tätigkeit   aus,   um   Menschen   bei Themen   mit   ihrem   Hund   zu   helfen   und   den   Menschen   zu   befähigen,   mit   ihrem Hund   zusammenleben   und   arbeiten   zu   können.   Ich   selbst   übe   beides   aus:   Ich betreibe   das   Hundezentrum   SauerlandHund   mit   einer   Hundeschule   im   Bereich Coaching   /   Verhaltensberatung   und   arbeite   selbst   mit   Pflegehunden   aus   dem Tierschutz. Ruhrgesichter:       Gibt      es      in      der      Hundeausbildung      grundlegend unterschiedliche    Schulen    und    Lehren,    die    sich    ausschließen    oder    sogar spinnefeind sind? Andre    Papenberg:     Es    gibt,    wie    in    vielen    Gebieten,    unterschiedliche Schulungen   und   Lehren,   auch   andere   Ansichten   und   Auffassungen   zum   Thema Hundeerziehung,    -ausbildung,    -haltung.    Mir    ist    jetzt    nicht    bekannt,    dass    es Feindseligkeiten   zwischen   den   unterschiedlichen   Ausbildungen   gibt.   Wichtig   ist aus   meiner   Sicht,   dass   ein   Trainer/Verhaltensberater   umfassendes   Fachwissen über   Hunde   hat   und   dieses   angepasst   an   Hund   und   Halter   vermitteln   kann.   Viele Lehren    und    Ausbildungen    haben    keinen    wissenschaftlichen    Hintergrund:    Bei diesen werde ich skeptisch, weil ihre Theorien etc. nicht belegt werden können. Ruhrgesichter:    Eine   Hundenärrin   im   Freundeskreis   erzählte   mir,   es   gäbe viele   Hundetrainer,   die   zwar   wenig   „wissen   und   können“   im   Umgang   mit   Hunden, aber   in   der   Lage   sind,   die   Besitzer   am   anderen   Ende   der   Leine   gut   zu   unterhalten und deshalb erfolgreich sind. Ein Vorurteil? Andre     Papenberg:      Ich     denke,     das     ist     zurückzuführen     auf     die Gesetzgebung   vor   2014.   Hier   gab   es   keine   Anforderungen   an   Hundetrainer.   Seit 2014   muss   Fachwissen   beim   örtlichen   Veterinäramt   nachgewiesen   werden,   um die   Freigabe   zum   gewerblichen   Arbeiten   als   Hundetrainer   zu   bekommen.   Somit konnte   vor   2014   jeder   der   wollte,   ein   Gewerbe   als   Hundetrainer   anmelden.   Durch diese   Anforderung   ist   die   Qualität   verbessert   worden,   allerdings   hat   hier   jedes Veterinäramt   seine   eigenen   Qualitätsanforderungen   an   die   Fachkenntnis,   es   ist leider nicht bundesweit geregelt. Womit   ich   nicht   sagen   möchte,   dass   Trainer,   die   es   länger   als   2014   gibt,   schlecht sind.   Ist   gibt   auch   Hundetrainer,   die   sehr   gute   Arbeit   machen,   auch   ohne   eine spezielle Ausbildung. Ruhrgesichter:    Wie   wähle   ich   die   richtige   Hundeschule   aus?   Wie   erkenne ich einen guten Trainer? Andre   Papenberg:    Der   Markt   ist   ziemlich   gesättigt   von   Hundeschulen   aller Art.   Ich   für   meinen   Teil   suche   nach   Qualifikationen   oder   auch   Empfehlungen durch   meinen   Bekanntenkreis.   Ein   guter   Indikator   sind   Ausbildungen   im   Bereich Hundeerziehung   /   Kynologie.   Gute   Ausbildungszentren   für   Hundeerziehung   sind z.B.   CANIS   –   Zentrum   für   Kynologie,   Dogument   oder   KynoLogisch.   Hier   wird   auf wissenschaftlicher    Basis    Fachwissen    vermittelt    und    wie    es    in    der    Praxis angewandt wird.  Ruhrgesichter:     Warum    überhaupt    Training?    Was    genau    bringt    eine Hundeschule? Andre   Papenberg:    In   den   meisten   Fällen   kommen   Menschen   auf   uns   zu, wenn   ihr   Hund   entweder   störendes   Verhalten   zeigt   oder   sie   sich   einen   neuen Hund angeschafft haben. Störendes Verhalten ist für den Hund erstmal „normal“, stört allerdings den Menschen.   Dann   unterstützen   wir   und   zeigen dem     Halter,     wie     er     bei     dem     Hund     eine Verhaltensänderung bewirkt. Innerhalb    der    Welpenentwicklung    macht    es Sinn,   in   eine   kompetent   geführte   Welpengruppe zu   gehen.   Im   Sozialspiel   mit   anderen   Hunden lernen   Welpen   viel   über   ihren   eigenen   Körper, über   ihr   eigenes   Verhalten   und   das   Verhalten von      anderen      Hunden.      Sie      lernen      die Körpersprache   von   anderen   Hunden   zu   lesen und        diese        einzuschätzen,        und        sich entsprechend   zu   Verhalten.   Übermütige   Rüpel können    schon    im    Welpenalter    gedämpft    werden,    dies    kann    sich    bei    einem ausgewachsenen Hund als schwieriger erweisen. Eine   Hundeschule   schult   die   Hundehalter   im   Umgang   mit   Ihrem   Hund.   Es   wird Fachwissen    sowie    Praxis    vermittelt,    damit    für    beide    Seiten    langfristig    ein angenehmes Zusammenleben entstehen kann. Ruhrgesichter:  Kann jeder Hund erfolgreich trainiert werden? Andre   Papenberg:    Gute   Frage.   Vorher   sollte   geklärt   werden:   Was   sind   die Ansprüche   des   Hundehalters?   Kann   der   Hund   genetisch   und   aufgrund   seiner Entwicklung   die   Ansprüche   erfüllen?   Wenn   nicht,   muss   der   Halter   dies   erfahren. Genetisch   gibt   es   Grenzen,   hier   haben   wir   als   Halter   nur   sehr   wenig   Einfluss. Dann    gibt    es    die    Grenzen    des    Hundes,    diese    sind    individuell    pro    Hund    zu betrachten,   im   Hundetraining   kann   nicht   pauschal   gesagt   werden,   diese   Hunde sind so, diese sind so, diese so. Es   gibt   Tendenzen   und   Verhaltensweisen,   in   welche   Richtung   die   Entwicklung   bei Rassehunden    geht.    Durch    Selektion    über    Jahrhunderte    ist    es    möglich,    bei Rassehunden   eine   Tendenz   vorherzusagen.      Aber   Ausnahmen   bestätigen   halt auch die Regel :). Jedoch   nein,   nicht   jeder   Hund   kann   erfolgreich   trainiert   werden,   es   gibt   Hunde, bei   denen   die   Dinge   ab   einem   gewissen   Maß   nur   noch   über   Akzeptanz   und Management geregelt werden können. Ruhrgesichter:    Wie   oft   und   wie   lange   sollte   ein   Hundehalter   täglich   mit seinem Hund trainieren? Andre     Papenberg:     Was    fällt    unter    Training?    Es    gibt    Training    im Beschäftigungsbereich,   hier   würde   ich   je   nachdem   1-2x   die   Woche   empfehlen. Zusammenleben   und   Erziehung   findet   ständig   statt,   somit   gibt   er   hier   keine   feste Regel.   Hier   kommt   es   auf   die   einzelnen   Charaktere   an,   was   kann   der   Mensch leisten,   körperlich   und   geistig   und   wie   viel   kann   der   Hund   leisten.   Wann   ist   das Volumen   des   heutigen   Tages   aufgebraucht   etc.,   hier   muss   der   Mensch   ein   Gefühl für   sich   und   für   seinen   Hund   entwickeln:   Wie   viel   kann   ich   meinem   Hund   heute abverlangen?   Damit   es   auf   beiden   Seiten   nicht   zur   Über-   oder   Unterforderung kommt.   Ziel   sollte   es   immer   sein,   dass   am   Ende   ein   Lernerfolg   für   den   Hund steht. Kenne deine eigenen Grenzen und die deines Hundes. Ruhrgesichter:     Sollte    jeder    Hund    in    die    Hundeschule,    also    auch    der Kleinstschmusehund? Andre   Papenberg:    Wieso   sollten   kleine   Hunde   kein   Recht   auf   Erziehung haben?    Ich    habe    die    Erfahrung    gemacht,    dass    meist    die    kleinen    Hunde unerzogen    sind.    Diese    sind    aufgrund    ihres    geringen    Körpergewichtes    ggf. einfacher   im   Handling   oder   Management.   Anstatt   sich   mit   dem   Thema   Hund auseinanderzusetzen,   ist   der   Gedankengang:   Der   ist   so   klein,   da   kann   nichts passieren.   Dies   wirkt   sich   ggf.   auch   negativ   auf   den   Gemütszustand   des   Hundes aus.   Erzogene   Hunde   gehen   i.d.R.   gelassener   durchs   Leben,   ihr   Stresspegel   ist geringer,   dadurch   ist   die   Lebensqualität   besser.   Dies   bedeutet   aber   nicht,   dass jeder   mit   seinem   Hund   in   die   Hundeschule   muss.   Es   gibt   Menschen,   die   von vornherein   super   mit   ihrem   Hund   umgehen   und   ihm   Leitplanken   fürs   Leben setzen. Diese Menschen werden Sie nicht in der Hundeschule antreffen :). Ruhrgesichter:  Ab welchem Alter des Hundes macht das Training Sinn? Andre   Papenberg:    Ab   der   10.   Lebenswoche   des   Welpen   können   sie   in   eine Hundeschule   gehen.   In   der   Regel   gestaltet   sich   der   weitere   Verlauf   leichter,   wenn eine   gut   geführte   Welpengruppe   besucht   wird.   Und   der   Welpe   unter   kompetenter Aufsicht   lernt,   wie   er   sich   gegenüber   Hunden   und   Menschen   verhalten   soll. Jedoch   können   Sie   mit   einem   Welpen   in   die   Hundeschule   gehen   und   auch   mit einem   Senior.   Mit   älteren   Hunden,   die   z.B.   nichts   gelernt   haben,   mit   denen arbeite ich erstmal wie mit einem Welpen. Ruhrgesichter:  Was kostet so etwas durchschnittlich? Andre   Papenberg:    Hundetraining   wird   häufig   im   Bereich   von   10€   -   75€ pro   Stunde   angeboten,   abhängig   von   Kursangebot   oder   Einzeltraining.   Bei   uns kostet     das     Einzeltraining     beispielsweise     60€     pro     Stunde     und     150€     für Gruppenkurse   über   8   Termine.   Gruppenkurse   sind   für   den   Einzelnen   günstiger, jedoch    ist    dieses    Training    allgemein    gehalten    und    nicht    individuell    auf    das einzelne Mensch-Hund-Gespann angepasst. Ruhrgesichter:    Wenn   ich   mir   keinen   Hundetrainer   leisten   kann,   was   kann ich tun? Gibt es gute Alternativen? Andre    Papenberg:     Ja,    die    Alternativen    wären    Bücher    oder    Videos    im Internet.    Allerdings    wird    es    hier    schwierig    zwischen    gut    und    schlecht    zu differenzieren,    wenn    man    nicht    vom    Fach    ist.    Weitere    Alternative    wäre    ein Hunde(sport)verein,   allerdings   ist   hier   Qualität   auch   ein   Thema,   Sympathie   und Fachkompetenz   sollten   hier   ebenfalls   differenziert   werden.   Ebenfalls   können   sich Lebenssituationen   ändern,   allerdings   sollte   vor   der   Anschaffung   eines   Hundes geklärt   sein,   ob   der   Bedarf   des   Hundes   finanziell   abgesichert   ist.   Dazu   gehört   z.B. Tierarzt,    Futter,    Versicherung,    Steuer,    Equipment    etc.    und    ggf.    auch    die Hundeschule.   Sollte   dies   im   Vorfeld   nicht   gesichert   sein,   sollte   Abstand   von   dem Gedanken der Anschaffung eines Hundes genommen werden.  Ruhrgesichter:    Bei   unserer   Recherche   im   Vorfeld   haben   wir   viele   neue Begriffe gelernt: Was ist zum Beispiel „Dog Dancing“? Andre   Papenberg:    Dog   Dancing   ist   eine   Beschäftigungsform   und   wird ebenfalls   im   Sport   betrieben.   Beim   Dog   Dancing   bringt   der   Hundehalter   seinem Hund     verschiedene     „Kunststücke“     bei,     wie     z.B.     „Männchen     machen, rückwärtslaufen,   Beinslalom“.   Diese   werden   unter   ein   Hör-   oder   Sichtzeichen gestellt.   Anschließend   kann   der   Hund   durch   diese   Zeichen   zur   Musik   geführt werden.   So   entsteht   ein   Ablauf   von   verschiedenen   Verhaltensweisen   beim   Hund und er kann z.B. zur Musik „tanzen“. Ruhrgesichter:     Was    war    Ihr    schönstes    und    schlimmstes    Erlebnis    als Hundetrainer? Andre   Papenberg:    Ich   finde   es   schön,   wenn   ich   einem   Mensch-Hund- Team   helfen   konnte   oder   einem   Tierschutzhund   in   ein   neues   Zuhause   verhelfe. Ich   kann   nicht   sagen,   dieses   eine   war   das   schönste   Erlebnis.   Viele   davon   waren super,   alle   auf   ihre   eigene   Art.   Mit   den   nicht   positiven   Erlebnissen   verhält   es   sich ähnlich. Ruhrgesichter:     Erlauben    Sie    mir    zwei    kleine    Anekdoten    vor    meiner nächsten   Frage.   Mir   wurde   folgendes   Urlaubserlebnis   erzählt:   Meine   Bekannte döste   mit   geschlossenen   Augen   am   Nordsee   –   Strand.   Plötzlich   hörte   sie   direkt über    ihrem    Gesicht    schweres    Atmen.    Ängstlich    presse    meine    Bekannte    ihre Augen   zusammen,   schlimmstes   erwartend.   Erst   als   der   erste   Sabberfaden   ihr Gesicht   traf,   öffnete   sie   die   Augen   und   schrie   den   ganzen   Strand   zusammen.   Der passende   Hundehalter   zu   der   Sabbernase   war   noch   ein   gutes   Stück   entfernt   und fragte    vorwurfsvoll:    „Mögen    Sie    keine    Hunde“?    Anderes    Beispiel    von    einem meiner   Lockdown   –   Spaziergänge:   Ein   alter   Mann   mit   Krückstock   wird   von   einem fremden   Hund   angelaufen,   der   Halter   ist   rund   zwanzig   Meter   entfernt   und   ruft: „Einfach   ruhig   stehen   bleiben,   der   tut   nichts.“   Als   er   in   aller   Seelenruhe   seinen Hund    erreicht    und    am    Halsband    hält,    faltet    ihn    der    ältere    Herr    lautstark zusammen:   Es   reiche,   wenn   der   Hund   ihn   angesprungen   hätte   und   er   wäre   böse gestürzt.   Zudem   empfinde   er   das   Verhalten   des   Halters   als   Nötigung;   warum muss   er   wegen   fremden   Hunden   stehenbleiben   und   darauf   warten,   dass   die Besitzer   herangeschlendert   kommen.   In   beiden   Fällen:   Haben   die   Betroffenen überreagiert?   Wie   sehr   gerät   bei   Hundehaltern   die   respektvolle   Wahrnehmung ihrer Umwelt und das Verständnis für ihre Mitmenschen aus dem Blick? Andre     Papenberg:      Ändern     müsste     sich     die     Rücksichtnahme     auf Mitmenschen,   es   fehlt   gefühlt   das   Verständnis,   dass   nicht   jeder   Hunde   mag. Jedoch   selbst   ich   als   Hundeerfahrener   finde   es   übergriffig,   wenn   andere   Hunde „freilaufend,    nicht    hörend“    auf    mich    zu    stürmen.    Es    geht    hier    um    die Individualdistanz   des   einzelnen,   die   zu   respektieren   ist.   Hört   der   Hund   nicht   auf einen   Rückruf,   gehört   er   an   die   Leine.   Viele   Fragen   sich,   wieso   mögen   Nicht- Hundehalter,     Hundehalter     nicht.     Ich     glaube     es     liegt     viel     an     fehlender Rücksichtnahme.   Nicht   jeder   mag   es,   angesprungen   oder   ungewollt   nett   begrüßt zu   werden.   Nur   wie   soll   sich   das   Bild   verändern,   wenn   Hundehalter   schon   keine Rücksicht auf Hundehalter nehmen :). Wir   vermitteln   bei   uns   immer,   dass   es   wichtig   ist   Rücksicht   zu   nehmen   auf   andere Menschen und andere Tiere. Ruhrgesichter:    Gibt   es   auch   für   den   Laien   erkennbare   Anzeichen,   ob   ein fremder   Hund   gleich   freudig   an   mir   hochspringt,   einige   Meter   kläffend   vor   mir stehenbleibt    oder    bereits    mir    oder    meinem    Hund    gegenüber    auf    Angriff geschaltet hat? Andre   Papenberg:    Nein,   selbst   wir   als   Trainer   können   dies   nicht   immer voraussehen.    Im    ersten    Moment    würde    ich    empfehlen,    keine    hektischen Bewegungen zu machen und mich zu distanzieren. Ruhrgesichter:    Auch   Nicht   –   Hundehalter   haben   ständig   Kontakt   zu   den Fellnasen:   Ob   als   Handwerker   oder   als   Gast   in   einer   fremden   Wohnung,   bei   der Radtour,   beim   Waldspaziergang.   Gibt   es   einfache,   allgemeingültige   Verhaltens   - Tipps? Andre   Papenberg:    Nein,   es   gibt   keine   allgemeingültigen   Verhaltenstipps, es   gibt   Verhaltensweisen   angepasst   an   den   jeweiligen   Hundetyp.   Ein   unsicherer Hund    kann    verscheucht    werden,    ein    territorialer    allerdings    nicht,    wenn    der Spaziergänger   sich   in   seinem   Territorium   befindet.   Es   gibt   nicht   die   pauschale Lösung.   Bin   ich   mit   dem   Fahrrad   unterwegs   und   werde   von   einem   Hund   gejagt, ist    stehen    bleiben    meist    keine    schlechte    Idee,    weil    viele    Hunde    dem Bewegungsreiz,     in     diesem     Fall     dem     Fahrradfahrer,     hinterhergehen.     Der Bewegungsreiz   entfällt,   sobald   der   Fahrradfahrer   stehen   bleibt.   Dies   ist   jedoch keine    Empfehlung,    befinde    ich    mich    in    seinem    Territorium    und    er    läuft    mir hinterher,   weil   er   mich   vertreiben   will,   ist   stehen   bleiben   eher   nicht   die   beste Idee. Ruhrgesichter:    Ist   es   sinnvoll,   anderen   Spaziergängern   zu   signalisieren, dass    der    eigene    Hund    anderen    Menschen    und    anderen    Hunden    gegenüber friedlich ist? Andre   Papenberg:    Ich   finde   es   nicht   zwingend   wichtig,   dass   jeder   weiß, dass   mein   Hund   nichts   tut.   Ich   finde   es   wichtiger,   dass   der   Hund   von   seinem Halter   kontrolliert   ist   und   somit   in   unserer   Gesellschaft   sicher   geführt   werden kann.   Hundehalter   sind   aus   meiner   Sicht   in   der   Verantwortung,   Rücksicht   auf   ihre Mitmenschen   zu   nehmen.   Somit   lasse   ich   keinen   meiner   Hunde   zu   fremden Menschen    und    bringe    diese    nicht    in    eine    unangenehme    Situation.    Auf    der anderen   Seite   möchte   ich   auch   meinen   Hund   schützen   und   lasse   es   nicht   zu, dass   jeder   Mensch,   der   möchte   ihn   anfasst,   oder   jeder   fremde   Hund   an   ihn herankommt. Diese Verantwortung trage ich auch. Ruhrgesichter:    Wie   wirken   sich   Corona   und   die   diversen   Maßnahmen   wie die   Lockdowns   auf   den   Beruf   des   Hundetrainers   aus?   Was   ist   noch   möglich, werden neue Formate ausprobiert, also beispielsweise Hundetraining via Zoom? Andre    Papenberg:     Ich    vermute,    dass    sehr    viel    Arbeit    auf    uns    als Hundetrainer   zukommen   wird.   Laut   Statistik   sind   im   Jahr   2020   ungefähr   20% mehr   Hunde   angemeldet   worden   als   in   den   Jahren   zuvor.   Von   der   Dunkelziffer ganz   zu   schweigen.   Persönliche   Beratung   war   in   Lockdown-Zeiten   gänzlich   nicht möglich,   hier   wurde   nicht   zwischen   Einzelberatung   oder   Gruppe   unterschieden. Somit   blieb   uns   nur,   tatenlos   zuzusehen   oder   neue   Wege   einzuschlagen.   Somit haben   wir   neue   Formate   ausprobiert,   wir   geben   Webinare   oder   Videokonferenzen via        Zoom.        Themen        wie        Mensch-Hund-Beziehung,        Welpen-        & Junghundeentwicklung   oder   Sozialverhalten/Körpersprache   waren   hier   im   Fokus. Wir    vermitteln    Fachwissen,    keine    individuelle    Einzelberatung    oder    praktische Übungen   über   den   Onlineweg.   Für   die   individuelle   Einzelberatung   bin   ich   eher der persönliche Typ. Ruhrgesichter:    Ist   mit   einem   großen   Hundeschulen   –   Sterben   zu   rechnen am Ende der Corona – Krise? Andre   Papenberg:    Vermutlich   werden   einige   diese   Zeit   nicht   überstehen, aber   am   Ende   der   Corona   –   Krise   werden   wir   wahrscheinlich   mehr   Kapazitäten brauchen   als   vor   der   Krise.   Unter   der   Berücksichtigung,   dass   2020   20%   mehr Hunde    neu    gemeldet    wurden.    Daher    denke    ich,    dass    die    Nachfrage    für Hundetrainer eher steigen als sinken wird. Ruhrgesichter:    Wie   wirkt   sich   der   durch   die   Anti   Corona   –   Maßnahmen erzwungene    Rückzug    der    Menschen    in    ihre    eigenen    4    Wände    auf    den Hundemarkt    aus?    Es    sollen    ja    nahezu    nur    noch    über    den    Graumarkt Hundewelpen   zu   erhalten   sein.   Stapeln   sich   die   Tiere   am   Ende   der   Krise   an   den Autobahnraststätten? Andre   Papenberg:    Ich   kann   mir   vorstellen,   dass   einige   der   Hunde   am Ende   nicht   mehr   gehalten   werden   können,   weil   ganz   plötzlich   das   wahre   Leben zurückkehrt,   in   dem   die   Menschen   wieder   arbeiten   müssen.   Die   Tierheime   in Deutschland    hatten    vor    der    Coronakrise    schon    teilweise    Kapazitätsprobleme, somit   würde   ich   vermuten,   dass   der   Großteil   der   Tierheime   am   Ende   der   Krise   an seine Grenzen stößt. Ruhrgesichter:    Was   sind   gute   und   was   falsche   Gründe,   einen   Hund   in   das eigene Leben und die eigene Wohnung einziehen zu lassen? Andre   Papenberg:    Ich   denke,   es   gibt   erstmal   keine   falschen   Gründe,   um sich   einen   Familienhund   zuzulegen.   Viel   mehr   gibt   es   falsche   Voraussetzungen und   Rahmenbedingungen   zum   Halten   eines   Hundes,   sowie   fehlendes   Wissen   im Umgang und der Erziehung von Hunden. Ruhrgesichter:    Was   halten   Sie   von   dem   Klassiker:   „Unser   Kind   bekommt einen Hund, damit es Verantwortung lernt“? Andre   Papenberg:    Nicht   sehr   viel,   als   erwachsener   zurechnungsfähiger Mensch   trage   ich   die   Verantwortung   für   meine   Kinder   und   deren   Erziehung.   Hat das   Kind   kein   Interesse   an   dem   Hund,   wird   er   dann   wieder   abgegeben?   Soll   ein Kind    sich    mit    Verhaltensweisen    auseinandersetzen    müssen,    die    ggf.        ein Erwachsener    nicht    zu    managen    weiß?    Zusätzlich    finde    ich,    dass    Kinder, Verantwortung    anders    lernen    können,    als    dafür    einen    Hund    zu    verwenden. Schaffen   Eltern   sich   einen   Hund   an,   und   das   Kind   lernt   etwas   daraus,   wäre   das ein   schöner   Effekt.   Dies   sollte   jedoch   nicht   die   Voraussetzung   sein,   dass   ein   Hund einzieht. Ruhrgesichter:    Ich   möchte   mir   einen   Hund   zulegen.   Woran   erkenne   ich, welcher Hund zu mir passt? Andre   Papenberg:    Es   gibt   Hundeschulen,   die   ein   Vorgespräch   anbieten, teilweise   sogar   kostenlos.   Fachkompetente   Beratung   vor   der   Anschaffung   des ersten   Hundes   sehe   ich   in   jedem   Fall   als   sinnvoll   an.   Es   geht   in   erster   Linie   schon um    den    Deckel    für    einen    Topf,    allerdings    sollten    auch    Lebenssituation    etc. betrachtet   werden:   Zum   Beispiel   schaffe   ich   mir   keinen   Herdenschutzhund   an, wenn ich in einem Mehrfamilienhaus mitten in der Stadt wohne. Bei   so   einem   Gespräch   kann   auch   die   Empfehlung   sein:   „Schafft   euch   besser keinen Hund an.“, daher ist das ein recht schwieriges Thema. Ruhrgesichter:    Macht   es   Sinn,   einen   Hundetrainer   direkt   zum   Aussuchen des neuen Familienmitglieds mitzunehmen? Andre    Papenberg:     Ich    finde    es    schwierig,    da    es    keine    rein    objektive Entscheidung   ist,   welchen   Hund   ich   mir   ausgesucht   habe.   Hier   spielen   sehr   oft Emotionen   eine   große   Rolle.   Meist   haben   Menschen   eine   Vorstellung   von   ihrem neuen Weggefährten und setzen diese in der Regel auch um. Ruhrgesichter:    Herzlichen   Dank   für   das   Interview   und   viel   Erfolg   mit   dem „Zentrum SauerlandHund“. Andre Papenberg ist erreichbar unter: www.sauerlandhund.com JK
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Wenn wir dem Hund gerecht werden wollen,  dürfen wir ihn keinen Falls mit menschlichen Maßstäben messen. Nichts verfälscht seine Wirklichkeit mehr als die Vermenschlichung." (Dr. Erik Zimen)
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