RuhrGesichter Silbermond haben sich angekündigt. Und die Fans strömen in Scharen in das große Veranstaltungszelt des Zeltfestival Ruhr am idyllischen Kemnader See zwischen Bochum und Witten. Und auch wir strömen mit. Wir sind -wie man das von uns strebsamen Ruhrgesichtern kennt- vorbildlich frühzeitig vor Ort. Wir nutzen die Zeit, um uns auf dem Areal des Zeltfestivals umzusehen, schlendern an Handwerksständen vorbei, verweilen etwas länger am Naschmarkt, lauschen der stets großartigen Familienband der Feuersteins und können jedem Leser dieser Zeilen nur (wieder einmal und künftig hoffentlich seuchenfrei und wieder jährlich) dringend empfehlen, das Zeltfestival zu besuchen -gegebenenfalls auch „einfach mal so“ ohne Veranstaltungsticket-: Es lohnt sich.

Silbermond live                                                   

Große Emotionen und glückliche Gesichter

Doch   die   Zeit   galoppiert   oder   tempus   fugit   wie   wir   Spanier   :)   zu   sagen   pflegen und    wir    betreten    den    Ort    des    Geschehens:    In    das    große    und    gut    gefüllte Veranstaltungszelt    der    „weißen    Zeltstadt“    hätten    -sofern    das    Konzert    nicht ausverkauft   war-   höchstens   noch   ein   paar   wenige   oder   sehr   kleine   Besucher mehr   hineingepasst,   die   Stimmung   ist   bereits   vor   Konzertbeginn   ausgesprochen gut    und    erwartungsfroh.    Nachdem    nicht    nur    das    Zeltfestival,    sondern    auch Silbermond    zwangsweise    eine    viel    zu    lange    Zeit    seuchenbedingt    pausieren mussten,    klappt    es    in    diesem    Jahr    endlich    wieder    mit    einer    Tour:    Für „Rampensäue“    wie    Silbermond,    die    gut    und    gerne    auf    den    Brettern    der Konzertbühnen   stehen,   muss   es   eine   Freude   sein,   endlich   wieder   das   tun   zu können,   was   sie   lieben.   Dementsprechend   laut   ist   das   Publikum,   als   Stefanie Kloß,   Johannes   und   Thomas   Stolle   nebst   Andreas   Nowak   mit   „Wenn   was   beginnt“ die   Bühne   des   ZfR   betreten.   Stefanie   Kloß   spricht   aus,   was   auch   wir   denken: Dieses    Publikum    benötigt    exakt    2    Sekunden    von    0    auf    100    auf    der Stimmungsskala. Seit   2002   unter   dem   Namen   Silbermond   unterwegs,   ging   es   ab   2004   neben   dem großen    Talent    der    Band    auch    durch    stete    mediale    Begleitung    und    kluge Vermarktung   steil   bergauf,   so   dass   sie   mittlerweile   mit   Preisen   überhäuft   wurden und   wohl   nahezu   jedem   Bewohner   dieses   Landes   bekannt   sein   dürften.   Wer jedoch    nur    die    diversen    hitgewordenen    Silbermond-Balladen    aus    dem    Radio kennt,   wird   beim   Konzert   möglichweise   überrascht   sein,   dass   die   Band   auch rocken   kann,   wenn   auch   alles   stets   in   einem   sehr   mainstreamigen   Deutsch-Pop- Rock   Fahrwasser   bleibt,   was   angesichts   glatter,   jedoch   handwerklich   sehr   gut gemachter   Songs   nebst   großer   Spielfreude   und   Bühnenpräsenz   jedoch   nicht   per se   schlecht   sein   muss.   Von   den   Fans   werden   Silbermond   ohnehin   geliebt   und angehimmelt,   wir   sind   also   wieder   einmal   nicht   nur   gefühlt   die   Gesichtsältesten, sondern auch die einzig wahre objektiv kritische Instanz vor Ort ;). Silbermond   sind   als   Band   irgendwie   immer   nah   dran.   Nah   dran   an   diversen Hilfsprojekten,   ob   für   die   heimische   Musikszene   oder   soziale   Initiativen,   nah   dran am   „normalen“   Leben   und   auch   bei   ihren   Livekonzerten   nah   am   Publikum.   Ihre Texte   sind   sicherlich   keine   große   Literatur,   aber   mitten   aus   dem   Leben;   ihre Musik   ist   sicher   Mainstream   pur,   bei   dem   auch   bei   den   schnelleren   Stücken   noch die   letzte   widerborstige   Ecke   glattgeschmirgelt   wurde,   aber   gut   komponiert   und von   wirklich   guten   Musikern   gespielt;   ihr   Image   ist   unaneckbar,   klare   Kante   gibt es   nur,   wenn   es   niemanden   Relevantes   stören   könnte,   aber   sie   sind   engagiert und   helfen   glaubwürdig   und   ehrlich.   Das   ist   viel   mehr,   als   die   meisten   anderen Bands hinbekommen. Und   noch   eines   machen   Silbermond   an   diesem   bemerkenswerten   Abend   am Kemnader   See   von   der   ersten   bis   zur   letzten   Minute   unmissverständlich   klar:   Hier steht   nicht   die   berühmte   TV   Jurorin   und   unermüdlich   auf   Duracell   –   Power agierende   Frontfrau   Stefanie   Kloß   mit   Begleitmusikern   auf   der   Bühne,   sondern EINE   echte,   zusammengewachsene   und   (ja!)   gereifte   Band.   Spielfreudig,   die Fans   animierend,   immer   irgendwie   Blickkontakt   zu   den   ersten   Reihen   haltend, stagedivend   oder   auf   einer   kleinen   Bühne   am   anderen   Hallenende   auftauchend; das   Publikum   ist   hier   mittendrin   statt   nur   dabei   und   auch   das   tut   der   Stimmung sichtlich   gut;   auch   und   vor   allem   der   Atmosphäre   bei   den   leiseren   Tönen   und nachdenklicheren   Texten.   Gefühlt   kämpft   Stefanie   Kloß   bei   längeren   Ansprachen ans    Publikum    stets    mit    Tränen    der    Rührung.    Sie    freut    sich    aber    auch überschwänglich   über   die   großartige   Stimmung   und   die   Treue   der   Fans   auch   über die   Pandemie   hinweg.   Wir   vermuten   als   erfahrene   Utilitaristen   keine   Masche, sondern   einfach   ein   dankbares,   liebevolles,   emotionales,   berührbares   Wesen. Eigentlich   haben   ihre   Ansprachen   alle   Zutaten,   um   uns   auf   den   Kitsch-Keks   zu gehen;    das    geschieht    aber    nicht.    Einfach,    weil    Frau    Kloß    so    unfassbar sympathisch rüberkommt und stets im richtigen Moment noch die Kurve kriegt. Ob   bei   „Auf,   auf“,   „Krieger   des   Lichts“,   „Das   Beste“,   „Indigo“:   Die   Fans   sind begeistert.   Und   wir   staunen,   wieviele   Songs   der   Band   wir   kennen   und   sogar   sehr zum   Unmut   des   Fotografenkollegen   neben   uns   mitsingen   können   (zugegeben, „können“   ist   diskutabel).   Das   musikalische   Überschreiten   der   einen   oder   anderen Kitschgrenze   auf   der   Bühne   ist   uns   in   diesem   Moment   völlig   wumpe,   wir   haben Spaß.    Selbst    das    eigentlich    recht    ausgeleierte    und    im    Radio    kaputtgespielte „Symphonie“   wird   durch   das   frische   Live   –   Arrangement   hör-   und   genießbar. „Leichtes   Gepäck“   ist   ohnehin   einer   der   Titel,   von   dem   uns   Silbermond   an   diesem Abend   nicht   erst   überzeugen   müssen:   Geht   ins   Ohr,   bleibt   im   Kopf   und   tanzt   im Kreis. Unter    buckligen    Musikjournalisten    gehören    Silbermond    zu    den    beliebtesten Hassobjekten,    die    TAZ    fasste    die    Musik    der    Band    einst    in    zwei    Worten zusammen:   „Korrupter   Müll“.   Wir   widersprechen   entschieden.   Silbermond   wollen ganz   offensichtlich   nicht   das   Gitarrenspiel   neu   erfinden,   sich   an   die   Spitze   einer politischen   Bewegung   setzen   und   Texte   schreiben,   die   in   500   Jahren   an   den Schulen   den   alten   Goethe   verdrängt   haben.   Sie   sagen   selbst:   „Wir   sind   eine Popgruppe.“ Und sie sind eine sehr, sehr gute Popgruppe. Selbst    unsere    alten    Death    Metal    –    verseuchten    Ohren    werden    von    der sympathischen    Band    musikalisch    abgeholt    und    zum    unterhaltsamen    Singen, Klatschen,   Tanzen   gebeten   (was   Ohren   natürlich   nicht   können,   was   aber   jetzt egal ist, immerhin ist das hier unser Klugscheißertext;)). Zu   Beginn   des   Zugabenteils   wird   die   Band   noch   musikalisch   zu   „Seven   Nations Army“ genötigt und steigt prompt darauf ein. Nach   den   letzten   Zugaben   „Durch   die   Nacht“   und   „Machen   wir   das   Beste   daraus“ trottet   das   bunt   gemischte   Publikum   zurück   in   die   silberbemondete   Nacht   am Kemnader   See.   Und   wir   sehen   ausschließlich   glückliche   Gesichter.   Das   ist   doch schonmal was in diesen Zeiten. Also: Danke, Silbermond. 
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