RuhrGesichter

Teil 1 des Interviews mit dem Ethnologen

und Voodoo - Eperten Henning Christoph.

Ruhrgebiet.   Essen.   Genauer:   Rüttenscheider   Straße.   Haus   Nummer 36.   Eine   ehemalige   Zahnarztpraxis.   Und   heute?   Der   einzige   Mami Wata Tempel in Europa. Mami Wata? Voodoo! Grund   genug,   uns   durch   den   Rüttenscheider   Busch   zu   schlagen   und den   Ethnologen   Henning   Christoph   zum   Gespräch   zu   bitten.   Henning Christoph:    Jahrgang    1944.    Studierte    Journalistik,    Anthroplogie, später    Fotografie.    Seit    1969    Fotojournalist    mit    Beiträgen    u.a.    in „Life“,    „National    Geographic“,    „Time“,    „Newsweek“,    „New    York Times“,   „Stern“   und   „Geo“.      Entdeckte   seine   Leidenschaft   für   Afrika und   den   Voodoo,   eröffnete   das   „Soul   of   Africa   Museum“   in   Essen und erstellt Dokumentarfilme zum Thema.

Voodoo!

…zur Bildergalerie bitte hier klicken… …zur Bildergalerie bitte hier klicken…
Als   Initiator   und   Kurator   des   Voodoo   -   Museums   „Soul   of   Africa“   stellte   er   eine   Sammlung   zusammen,   die weltweit   einzigartig   ist;   Herzstück   des   Museums   ist   der   Altar   der   Wassergöttin   Mami   Wata.   Und   genau vor diesem Altar stellte sich Herr Christoph unseren Fragen.  RG:   Herr   Christoph,   Sie   gelten   als   der   Voodooexperte   in   Deutschland.   Gibt   es   denn   neben   Ihnen   denn noch viele andere Ethnologen, die sich wissenschaftlich mit Voodoo beschäftigen? HC:   In   Deutschland   nicht.   In   den   USA   gibt   es   einige,   z.B.   Prof.   Henry   Drewal   von   der   Indiana   University oder Suzanne Preston Blier von Harvard. RG: Wie viele Voodoo – Museen gibt es weltweit? HC:   Im   eigentlichen   Sinne   zwei.   In   New   Orleans   gibt   es   eins,   das   ist   allerdings   eher   eine   touristische Geschichte   dort.   Das   hier   ist   eigentlich   die   größte   Sammlung   zum   Thema   Voodoo,   Magie   und   Heilung. Neben Voodoo habe ich auch Stücke aus Zentralafrika, Kongo und Sachen aus Kamerun. RG: Wo liegen denn die Grenzen des Voodoo? HC:   Voodoo   ist   begrenzt   auf   die   Länder   Westnigeria,   Benin,   Togo,   entlang   der   ehemaligen   Sklavenküste. Von   dort   aus   kam   der   Voodoo   dann   nach   Amerika   und   hat   sich   in   der   Folge   natürlich   auch   sehr verändert.   In   ganz   Afrika   hat   natürlich   jeder   Stamm,   jede   Region   eine   eigene   Glaubenswelt;   manche Sachen   ähneln   sich   sicherlich.   Es   gibt   natürlich   ähnliche   Schutzfetische   oder   Göttervorstellungen   in anderen   Regionen,   Voodoo   hat   allerdings   das   größte   Götterpantheon   im   Gegensatz   zu   allen   anderen afrikanischen Glaubensrichtungen. RG: Wo liegt denn die Wiege des Voodoo? HC:   Ganz   sicher   in   Benin.   Das   Wort   Voodoo   kommt   aus   der   Sprache   der   Fon,   der   Hauptethnie   in   Benin und   bedeutet   übersetzt   einfach   „Gott“.   In   Nigeria   bei   den   Yoruba   heißt   es   Orisha.   Bei   uns   ist   das   Wort Voodoo   mit   allerhand   bösen   Dingen   verbunden,   man   denke   an   die   Puppen   mit   Nadeln   und   so   weiter.   Das ist   natürlich   ein   Bild,   das   von   Hollywood   kreiert   wurde   in   der   Zeit,   in   der   die   Amerikaner   Haiti   besetzt hatten   von   1915   bis   1934;   eben   die   Zeit   als   die   ersten   Horrorfilme   entstanden.      Da   die   Afrikaner   keine Lobby   hatten,   ist   das   falsche   Bild   einfach   haften   geblieben   bis   in   die   heutige   Zeit,   so   dass   auch   heute noch in Filmen das Wort Voodoo in der Darstellung missbraucht wird. RG: Ist Voodoo eine Religion oder ein magisches Handwerk? HC:   Es   ist   auf   jeden   Fall   eine   Religion,   eine   Art   zu   Leben   und   im   Grunde   genommen   ein   Heilsystem;   ein System,   das   eigentlich   gegen   das   Böse   kämpft.   85%   des   Voodoo   ist   Heilen   und   Schützen,   15%   ist   die Schadensmagie,   die   aber   auch   nicht   zwingend   böse   ist.   Wenn   jemandem   ein   Schaden   zugefügt   werden soll,   dann   muss   erst   ein   Orakel   befragt   werden,   ob   das   Anliegen   denn   gerechtfertigt   ist.   Wenn   ja,   dann darf die Schadensmagie ausgeführt werden – und dann ist es nicht mehr böse. RG: Gibt es einen Missionsgedanken im Voodoo? HC: Nein. Sie gehen einfach zum Voodoo, wenn Sie es brauchen. RG:   Es   gibt   ja   die   Hypothese,   nach   der   es   in   jeder   Weltanschauung   und   jeder   Religion   einen   negativen und einen positiven Kernbegriff gibt. Ist Heilung dann der positive Grundbegriff des Voodoo? HC:   Heilung   und   der   Kampf   gegen   das   Böse,   gegen   die   Hexerei.   Das   sind   die   Grundthemen.   Jede Voodoozeremonie   hat   zu   tun   mit   einer   Heilung.   Bei   einer   Zeremonie   ist   es   dann   wesentlicher   Bestandteil, dass   Menschen   in   Trance   gehen;   in   den   Zustand,   in   dem   die   Seele   den   Körper   verlässt   und   ein   Gott   in die   Person   einsteigt   und   der   Mensch   zu   Gott   wird.   Wer   dann   gläubig   ist,   hat   auf   diese   Weise   sehr   große Erfolge   in   der   Heilung,   denn   es   sind   dann   die   Götter   selbst,   die   heilen.   Das   wirkt   auch   psychisch   enorm auf   einen   Kranken,   wenn   er   sagen   kann:   Die   Götter   sind   hier   und   heilen   mich.   Wenn   die   Götter   nicht   da sind   und   niemand   in   Trance   geht,   dann   kann   eine   Zeremonie   auch   abgeblasen   werden.   In   diesen Trancezuständen   passieren   die   unglaublichsten   Sachen,   die   für   uns   sehr   schwer   zu   verstehen   sind.   Ich habe   Vorgänge   dokumentiert,   wenn   ich   das   nicht   auf   Band   oder   Film   hätte,   dann   würde   ich   sagen:   Ich habe geträumt, das kann es nicht geben. RG:   Ist   der   Priester   zwingend   notwendig   für   den   Voodoo   als   Mittler   zum   Göttlichen   oder   kann   auch   der einzelne Gläubige den Kontakt zu den Göttern „im Alleingang“ herstellen? HC:   Das   gibt   es   eigentlich   nicht.   Der   Priester   ist   auch   der   Vermittler,   ich   nenne   ihn   immer   den   Regisseur. Er   ist   in   der   Zeremonie   derjenige,   der   weiß,   wann   er   die   Trance   herbeirufen   möchte.   Man   beopfert   erst die   Trommeln,   die   sehr   wichtig   sind   für   das   Erreichen   der   Trance.   Eine   bestimmte   Anzahl   von   Schlägen pro   Minute   führt   zu   einer   Hyperventilation,   die   Menschen   hyperventilieren   sich   also   in   die   Trance   hinein.     Der   Priester   ist   derjenige,   der   den   Trommlern   sagt,   wann   diese   speziellen   Trommelschläge   in   der Zeremonie   kommen   sollen.   Jede   Zeremonie   fängt   mit   Tanzen   an   und   dann   kommt   ein   Punkt,   wenn   sehr viele   Menschen   länger   tanzen   und   in   eine   leichte   Trance   gehen,   dann   gibt   er   das   Zeichen,   dass   die Trancetrommeln beginnen und dann gehen Menschen in die tiefe Trance. RG:   Sie   haben   gesagt,   dass   Voodoo   sehr   wirkungsvoll   ist,   sofern   man   dran   glaubt.   Funktioniert   es   auch, wenn man nicht daran glaubt? HC:   Ich   glaube   es   nicht,   also   es   kann   zum   Beispiel   nicht   hierhin   transportiert   werden.   Die   Menschen,   die hier    sagen,    dass    sie    Voodoo    ausüben,    man    sieht    das    ja    auch    manchmal    im    Internet,    das    ist Scharlatanerie.   Menschen,   die   hier   sagen,   dass   sie   in   Trance   sind,   das   ist   eine   Pseudotrance,   ob   das   in der Disco ist oder beim Voodoo. Am nächsten verwandt zur Trance ist bei uns sicherlich die Hypnose. RG:   Wenn   Sie   von   Pseudotrance   sprechen,   meinen   Sie   das   dann   im   Sinne   von   Betrügerei   und   Täuschung oder ist eine so tiefe Trance wie beim Voodoo in Benin für uns einfach nicht erreichbar? HC:    Ich    meine    beides.    Trance    ist    für    uns    nicht    erreichbar,    da    muss    man    reingeboren    sein.    Das ungeborene   Kind   spürt   doch   in   den   Ursprungsländern   des   Voodoo   schon,   wenn   die   Mutter   in   Trance geht.   Später   ist   das   Kind   immer   auf   den   Rücken   der   Mutter   gebunden,   oft   auch,   wenn   die   Mutter   in Trance   ist   und   tanzt.   Die   bekommen   den   Rhythmus   von   Beginn   an   mit.   Selbst   Kleinkinder   bewegen   sich in   einem   ganz   anderen   Rhythmus   als   wir.   Wenn   Menschen   hier   sagen,   dass   sie   in   Trance   sind,   dann   sind sie   vielleicht   ein   bisschen   abgehoben   durch   Musik   oder   sowas,   aber   das   ist   keine   Trance.   In   Trance können   Sachen   geschehen,   die   uns   fremd   sind.   Ich   habe   Filmaufnahmen   von   einer   kleinen,   zierlichen Frau,   die   eine   Opferziege   von   vielleicht   zwanzig   oder   fünfundzwanzig   Kilo   mit   Daumen   und   Zeigefinger am   Bein   hochnimmt   und   sie   eine   längere   Zeit   um   den   Kopf   herum   dreht.   Das   kann   ein   kräftiger   Mann mit zwei Armen nicht eine längere Zeit machen. Oder   jemand,   der   in   Trance   ist   und   besessen   von   einem   der   heißen   Götter,   also   Ogun   oder   Shango,   dem Blitz-   und   Donner   -   Gott.   Dem   können   sie   eine   Handvoll   Schießpulver   in   die   Hand   geben   und   anzünden ohne   dass   er   Brandverletzungen   hat.   Im   wachen   Zustand   verursacht   Schießpulver   die   schlimmsten Verbrennungen. Ich   habe   hier   extreme   Fälle   dokumentiert,   z.B.   von   einem   Mann   in   Trance   bei   der   Beerdigung   von   dem großen   Priester   Soza   Gedenge.   Als   dieser   starb   hatte   man   Angst,   dass   Hexen   in   sein   Grab   einsteigen. Dieser   Mann   war   besessen   vom   Kriegergott   Gandaba.   Wenn   Männer   von   diesem   Gott   besessen   sind, dann   schneiden   sie   mit   Messern   tiefe   Wunden   in   ihren   Körper   um   zu   zeigen,   dass   sie   stärker   sind   als   das Böse.   Nur:   Dieser   Mann   hat   sich   das   Messer   quer   durch   den   Kopf   geschoben,   durch   die   Schläfe.   Dann wurde   er   von   den   Anderen   auf   die   Schulter   gehievt   und   eine   Stunde   um   das   Grab   getragen.   Ich   war davon    überzeugt,    dass    er    tot    war.    Nach    der    Stunde    wurde    er    hingelegt,    das    Messer    wurde herausgezogen   und   Pflanzensud   auf   die   Wunden   gegeben.   Er   lag   eine   Stunde   da   wie   tot.   Nach   einer Stunde   wachte   er   auf,   war   klar,      so   dass   ich   mit   ihm   ein   Bier   trinken   und   ein   Interview   machen   konnte. Ich   habe   Filmmaterial   davon.   Trotzdem   hatte   ich   meine   Probleme   damit.   Ich   bin   mit   dem   Filmmaterial   zu einem   Chirurg   gegangen   von   der   dortigen   Uni-Klinik   und   habe   ihn   gefragt,   ob   er   mir   das   erklären   kann. Er   lachte   nur   und   sagte:   Henning,   Du   bist   doch   lange   genug   hier,   Du   musst   doch   wissen,   dass   das   nicht der   Mensch   war,   der   das   machte,   sondern   der   Gott,   der   den   Menschen   geritten   hat.   Und   die   Götter können sich nicht verletzen. Das   war   ein   Arzt,   der   in   Paris   studiert   hat.   Erklären   kann   man   das   nicht.   Ich   werde   oft   danach   gefragt, ob   ich   das   alles   glaube.   Ich   mag   das   Wort   „Glauben“   in   diesem   Zusammenhang   nicht.   Ich   bin   zu   dem Punkt gekommen, dass ich das alles akzeptiere und respektiere. Für     mich     als     Ethnologe     waren     diese     Sachen     immer     sehr     schwer.     Ich     versuchte     immer naturwissenschaftliche   Erklärungen   zu   finden.   Nachdem   der   Arzt   mir   das   sagte,   habe   ich   begriffen,   dass es   keinen   Sinn   hat.   Seitdem   freue   ich   mich,   dass   ich   dies   alles   dokumentieren   darf   und   lasse   die   Fragen einfach   offen.   Da   kann   sich   dann   jeder   seine   eigenen   Gedanken   drüber   machen.   So   mache   ich   heute auch   meine   Dokumentarfilme.   Ich   erkläre   nichts   mehr,   denn   ich   kann   es   nicht   erklären.   Daneben   gibt   es natürlich   auch   Dinge,   die   man   medizinisch   durchaus   erklären   kann,   wenn   zum   Beispiel   Gifte   verwendet werden. RG:   Sie   scheinen   ja   in   vielen   Fällen   davon   auszugehen,   dass   Priester   nicht   nur   Zeremonienmeister   oder Regisseur   sind,   sondern   auch   Apotheker,   Arzt   und   Psychotherapeut   in   Personalunion.   Wo   liegt   Ihrer Meinung   nach   die   Grenze   zwischen   Naturheilkunde   und   Psychologie   auf   der   einen   und   Magie   auf   der anderen Seite. Gibt es diese Grenze überhaupt? HC:   Ein   junges,   neunzehnjähriges   Mädchen,   sterbenskrank   in   der   Uniklinik.   Hohes   Fieber,   abgemagert. Die   Ärzte   haben   bei   ihr   keine   Ursache   gefunden   und   der   Mutter   gesagt,   dass   das   Mädchen   innerhalb kürzester   Zeit   sterben   wird.   Die   Mutter   nahm   das   Mädchen   mit   und   brachte   es   zu   Soza   Gedenge,   dem großen    Priester.    Er    guckte    sie    lange    an,    hat    das    Orakel    geworfen    und    es    kam    das    Zeichen „Sterbenswunsch“.   In   den   Tropen   bauen   die   Menschen,   die   innerlich   aufgeben,   viel   schneller   ab,   als   hier. Soza   Gedenge   hat   ein   Grab   für   sie   ausheben   lassen,   einen   Meter   tief.   Man   hat   sie   in   Trance   getrommelt, sie   war   sehr   schnell   in   Trance.   Dann   hat   man   sie   eingewickelt   in   Pflanzen   und   auf   ein   weißes   Laken gelegt.   Das   Laken   wurde   zugenäht   und   ins   Grab   gelegt.   Das   Mädchen   lebte   noch.   Das   Grab   wurde   dann zugeschaufelt.   Ich   wusste   in   dem   Moment   nicht,   was   ich   tun   sollte.   Ich   konnte   es   natürlich   nicht stoppen.   Ich   konnte   mich   nur   entscheiden   entweder   zu   bleiben   und   zu   dokumentieren   oder   zu   gehen. Ich habe mich für das Bleiben entschieden. Dann   gingen   Frauen   in   Trance,   tanzten   auf   dem   Grab   und   stampften   die   Erde   fest.   Der   alte   Priester setzte   sich   währenddessen   in   einen   Liegestuhl   und   schlief   zwei   Stunden   ein.   Das   waren   furchtbare   zwei Stunden. Ich war immer nah dran zu gehen. Nach   den   zwei   Stunden   wachte   er   auf,   gab   ein   Zeichen,   das   Grab   zu   öffnen.   Das   Mädchen   wurde   aus dem Grab geholt, hing dann schlaff da und ich war sicher: Sie ist tot. Sie   wurde   auf   den   Boden   gelegt,   das   Laken   aufgetrennt,   die   Pflanzen   durchgeschnitten   und   sie   richtete sich   langsam   auf   und   sagte   mit   einer   ganz   leisen   Stimme:   „Ich   habe   den   Tod   gesehen.   Ich   will   nicht sterben.“ Danach   konnte   Soza   Gedenge   mit   ihr   arbeiten.   Eine   sehr   harte   Psychotherapie.   Aber   es   wirkte.   Sie   war danach noch sechs Monate in Behandlung bei ihm. Heute ist sie verheiratet und hat zwei Söhne. Was   auch   immer   da   geschah:   Nach   zwei   Stunden   unter   einem   Meter   Erde   müsste   man   ersticken.   Auch wenn   die   Pflanzen   etwas   Sauerstoff   abgeben   und   durch   die   Trance   die   Lungen-   und   Herzfunktionen herunterfahren, das dürfte eigentlich nicht funktionieren. Erklären kann ich es wieder nicht. RG: Gibt es im Voodoo ein Leben nach dem Tod? HC:   Es   gibt   17   Reinkarnationen.   Diese   Kette   der   Reinkarnationen   kann   ich   unterbrechen,   indem   ich   den Ahnenstatus   erreiche.   Dafür   muss   man   50   Jahre   alt   geworden   sein,   ein   vorbildliches   Leben   geführt haben   und   nach   dem   Tod   werden   die   Ältesten   mit   den   Göttern   kommunizieren   und   entscheiden,   ob   ich den   Ahnenstatus   erreicht   habe.   Wenn   ja,   dann   bekomme   ich   einen   Rastplatz   für   die   Seele   (Asen)   und werde ein Familiengott. Wenn   ich   es   nicht   erreicht   habe,   dann   bleibe   ich   in   dem   Zyklus   der   Reinkarnationen.   Am   Ende   des   Zyklus kommt   ein   Teil   der   Seele   in   einer   Kalebasse   und   verbleibt   beim   Schöpfergott,   ein   Teil   bleibt   in   einem Iroko   Baum   und   der   dritte   Teil   verbleibt   hier   auf   der   Erde   in   einem   Asen.   Alle   Figuren   auf   dem   Mami Wata   Altar   hier   neben   uns   sind   übrigens   aus   dem   Iroko   Baum   geschnitzt,   also   beseelte   Figuren.   Jede Großfamilie   hat   einen   Tempel   für   die   Ahnen.   Die   ältesten   Frauen   der   Familie   gehen   zu   den   Ahnen   und tragen   die   Familienwünsche   und   Sorgen   vor,   sprechen   mit   den   Ahnen,   bringen   ihnen   Essen   auf   die   Asen. Wenn   die   Hühner   kommen   und   es   abpicken,   ist   es   ein   gutes   Zeichen,   denn   die   Ahnen   haben   das   Essen angenommen.   Die   Ahnen   sind   mit   der   Familie,   können   aber   auch,   wenn   sie   nicht   geachtet   werden, strafen   und   Unglück   bringen.   Alle   Götter   haben   sehr   menschliche   Charakterzüge.   Indem   ich   die   Götter ständig   beopfere   und   mit   ihnen   kommuniziere   habe   ich   sie   auf   meiner   Seite.   Wenn   ich   sie   ignoriere, dann bringe ich sie gegen mich auf. RG: Kann ein Gott ohne die Beopferungs – Aufmerksamkeitsbekundung durch Menschen überleben? HC:   Er   würde   dann   nicht   sterben,   aber   er   will   geachtet   werden.   Voodoo   ist   teils   sehr   ähnlich   wie   das   alte griechische oder auch das germanische Pantheon. Im   zweiten   Teil   des   Interviews   berichtet   Henning   Christoph   über   den   Umgang   des   Katholizismus   mit Voodoo,   erzählt   uns   die   spannende   Entstehungsgeschichte   vom   Rüttenscheider   Mami   Wata   Altar   und welche Rolle bayrische Blasmusik dabei spielte. Der zweite Teil des Interviews findet sich hier. Kontakt: SOAM Soul of Africa Museum Rüttenscheider Str. 36 45128 Essen Telefon 0201 – 787640 www.soul-of-africa.com Öffnungszeiten: Do, Sa, So: 14:00 – 18:00 Uhr Fr: 18:00 – 22:00 Uhr